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PROTEST/082: Australien - Pazifische 'Klimakrieger' blockieren weltgrößten Kohlehafen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Oktober 2014

Australien: Pazifische 'Klimakrieger' blockieren weltgrößten Kohlehafen

von Lyndal Rowlands


Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Dean Sewell/Oculi for 350.org

Ein 'Pazifischer Klimakrieger' paddelt mit seinem Kanu im australischen Kohlehafen Newcastle
Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Dean Sewell/Oculi for 350.org

New York, 20. Oktober (IPS) - Mikaele Maiava aus Tokelau war einer der 30 Klimaaktivisten aus zwölf pazifischen Inselstaaten und Gebieten, die am 17. Oktober am Protest gegen die australische Kohlenergiepolitik im weltgrößten Kohlehafen Newcastle teilgenommen haben. Man habe Australien daran erinnern wollen, dass es als Teil der pazifischen Familie eine gewisse Verantwortung trage, sagte er im IPS-Gespräch. "Wir können es uns nicht leisten, dass die große Schwester ausschert und alles vernichtet."

Die 30 'Pazifischen Klimakrieger', die mit ihren Kanus aus Inselstaaten und Gebieten wie den Fidschis, Tuvalu, Tokelau, Mikronesien, Vanuatu, den Salomonen, Tonga, Samoa und Papua-Neuguinea ins australische Newcastle gekommen waren, hatten sich den Protesten von hunderten australischen Umweltschützern angeschlossen, die mit Kajaks und Surfbrettern neun Stunden lang die Hafenausfahrt blockierten. Mitorganisator der Demonstration zu Wasser war die US-Gruppe 350.org mit Sitz in den USA.

"Wir wollen, dass sich die australische Gemeinschaft und insbesondere die australischen Entscheidungsträger Gedanken über die gesamte Menschheit machen und nicht nur australische Interessen verfolgen", sagte Mikaele. Damit kommentierte er Äußerungen des australischen Ministerpräsidenten Tony Abbott, der bei der Eröffnung einer neuen Kohlemine am 13. Oktober erklärt hatte, dass "Kohle gut für die Menschheit ist".

Kohle gehört zu den größten Klimakillern. Dennoch wird der Ausbau der Kohleenergie durch die Erschließung neuer Kohleminen und den Bau neuer Kohlekraftwerke in Australien massiv vorangetrieben. Doch der mit dem Klimawandel einhergehende Meeresanstieg bedroht die pazifischen Inseln in ihrer Existenz.

"Bedeutet Menschheit etwa, dass Menschen ihr Land verlieren? Dass künftige Generationen um ihre wundervollen Heimatinseln zittern müssen?", fragte Mikaele. Ein solches Verständnis des Menschheitsbegriffs sei wohl kaum geeignet, um den Pazifikanrainern ein Leben in Frieden, Harmonie und Sicherheit zu garantieren.


Klimawandel für die Pazifikinseln die größte Gefahr

Das Forum der Pazifikinseln hat den Klimawandel als die "größte Einzelbedrohung für die Existenz, die Sicherheit und das Wohlergehen der Pazifikbewohner" bezeichnet. Obwohl der Beitrag der Inseln zur Erderwärmung bedeutungslos sei, müssten sie einen unverhältnismäßig hohen Preis für die Industrialisierung des Nordens zahlen, ohne sich selbst an die Folgen anpassen oder sich dagegen wehren zu können. Tokelau bezieht sogar seit 2012 seine Energie zu 100 Prozent aus Sonnenkraft.

Wie Mikaele gegenüber IPS versicherte, sind er und die anderen Klimakrieger sich sehr wohl bewusst, dass die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe verursachte Erderwärmung auch in anderen Entwicklungsregionen Opfer fordere. "Wir sind uns der Solidarität der ganzen Welt bewusst. In diesem Kampf geht es nicht allein um unser Land, sondern um unser aller Überleben."

Mikaele schilderte die Folgen des Klimawandels für seine Heimatinsel Tokelau, dem zu Neuseeland gehörenden Teil der pazifischen Unionsinseln. "Wir beobachten, wie sich bei uns das Wetter verändert, wie unsere Ernährungssicherheit gefährdet wird", sagte er. "Es ist schwer, eine nachhaltige Zukunft aufzubauen, wenn die Böden aufgrund der zunehmenden Versalzung nicht mehr so viel hergeben wie früher." Auch schreite die Küstenerosion immer weiter voran.

Mikaele zufolge werden er und seine Mitstreiter keine Ruhe geben und alles Mögliche unternehmen, um auf die Klimapolitik der Regierungen [Australiens und anderer Industrieländer] einzuwirken. "Wir sind gebildete Menschen, wir sind kluge Menschen. Wir verstehen, was vor sich geht. Die Zeiten, in denen Indigene und lokale Bewohner nicht Bescheid wussten, sind vorbei", betonte er.


"Wir werden kämpfen"

"Wir sind die Generation von heute, die Entscheidungsträger von morgen und wir werden das Problem nicht ignorieren. Wir können es mit unseren Augen sehen, mit unseren Herzen fühlen und wir wollen, dass die australische Regierung dies zur Kenntnis nimmt", sagte er. "Wir werden um das, was uns am wichtigsten ist, unsere Heimat, kämpfen."

Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Dean Sewell/Oculi for 350.org

Mikaele Maiava aus Tokelau mit anderen 'Pazifischen Klimakriegern' im australischen Kohlehafen Newcastle
Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Dean Sewell/Oculi for 350.org

Mikaele berichtete ferner, dass die zu dem Protest nach Australien mitgebrachten Kanus von den 'Klimakriegern' handgeschnitzt worden seien. "Seit Generationen sind Kanus für die Menschen der Pazifikinseln wichtig, um fischen, Kokosnüsse holen und die Familien zu anderen Inseln bringen zu können."

Kathy Jetnil-Kijiner von den Marschallinseln hatte die Mitglieder der UN-Vollversammlung im letzten Monat mit einem Gedicht, das sie ihrer neugeborenen Tochter Matafele Peinam gewidmet hatte, zu Tränen gerührt.

"Niemand muss wegziehen, niemand wird seine Heimat verlieren, niemand zum Klimaflüchtling gemacht. Oder sollte ich besser sagen, niemand sonst. Ich möchte die Gelegenheit ergreifen und mich an die Carteret-Insulaner von Papua-Neuguinea und die Taro-Insulaner auf Fidschi wenden, um ihnen zu sagen, wir sehr es mir für euch leid tut", sagte sie.

Die Regierungen der pazifischen Inselstaaten haben in jüngster Zeit ihre Tonlage gegenüber Australien verschärft und die Regierung mehrfach eindringlich dazu aufgefordert, Maßnahmen gegen den Klimawandel nicht länger zu verschleppen.

"Australien ist ein Pazifikstaat. Dadurch, dass es sich sämtlichen Klimastrategien entzieht, aus den internationalen Verhandlungen ausschert und den Expansionskurs seiner Kohleindustrie unterstützt, hat es die Region gegen sich aufgebracht", erläuterte Simon Radshaw, Koordinator für Klimaaufklärung von Oxfam-Australien. Da die nächsten Nachbarn Australiens den Klimawandel als ihre größte Gefahr und Priorität betrachteten, sei es unvermeidbar, dass sich die Kohlepolitik des 'fünften Kontinents' negativ auf die Beziehungen mit den pazifischen Inselbewohnern auswirke.

Eine jüngste, von Oxfam in Auftrag gegebene Umfrage hat ergeben, dass 60 Prozent der Australier der Meinung sind, dass der Klimawandel die Chancen der Menschen in armen Ländern, wirtschaftlich zu wachsen und sich zu ernähren, verschlechtern wird. In der Altersgruppe der 18- bis 34-Jährigen waren es sogar 68 Prozent. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/10/pacific-climate-change-warriors-block-worlds-largest-coal-port/

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IPS-Tagesdienst vom 20. Oktober 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2014