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USA/014: Pipelines für die Elite (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 197 - April/Mai 2017
Die Berliner Umweltzeitung

Pipelines für die Elite
Kommende Generationen interessieren die Trump-Regierung nicht - und heutige auch nicht

von Katja Mußler


Zwei große Ölaustritte finden statt, das Land kanadischer Ureinwohner ist betroffen - doch keiner spricht darüber. Was Schlagzeilen macht, sind zwei Pipelineprojekte, die in derselben Woche durch US-Präsident Donald Trump genehmigt wurden.

Die Pipeline Keystone XL soll sogenannte Öl- oder Teersande aus Kanada bis nach Mexiko befördern. Keystone XL war schon 2011 unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama ein kontrovers diskutiertes Projekt. Nachdem Obama die Entscheidung lange vor sich hergeschoben hatte, machte er 2015 dem Projekt schließlich ein Ende - um nun zusehen zu müssen, wie sein Nachfolger Trump das Projekt wiederbelebt.

Auf die Ablehnung der Pipeline durch Obama folgte eine Klage des Betreiberkonzerns TransCanada, der die USA auf Basis des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA auf 15 Milliarden Dollar Schadenersatz verklagt hat. Niedrige Ölpreise haben die Berechnungen, auf denen die Rentabilität des Projekts basiert, verschoben. Weil der Abbau von Ölsanden sehr teuer ist, lohnt er sich generell nur dann, wenn der Ölpreis hoch ist. Ob die ölhaltigen Sande weiter im großen Stil abgebaut werden, wird also vor allem vom Ölpreis abhängen. Durch den Bau der Pipeline könnten auf lange Sicht Kosten eingespart werden, die es dann rentabler machen, die Teersande abzubauen. Auch wenn der Preis für Öl jetzt noch niedrig ist, wird die in Zukunft steigende Nachfrage nach Öl dafür sorgen, dass die Ölsande an die Oberfläche gebracht werden - was eigentlich tunlichst vermieden werden sollte. James Hansen, einer der bekanntesten Klimaforscher der USA, bezeichnete die Teersande als "CO2-Bombe". Er ist der Meinung, dass ihr Abbau "Game Over" für das Klima bedeutet.

Bedrohung für Wasser und Wälder

Die Gewinnung von Öl aus Teersanden ist sehr aufwendig. Teersande setzen sich zusammen aus Sand, Lehm, Wasser und Bitumen. Aufgrund von Verunreinigungen muss das Bitumen einen chemischen Prozess durchlaufen, der viel Energie verbraucht, die Gewässer verschmutzt und giftigen Müll entstehen lässt. Die entstehenden Chemikalien werden mit seltenen Formen von Krebs bei Tieren und Menschen in Verbindung gebracht. Gerade deshalb ist die neue Pipeline gefährlich: Keystone XL überquert den Ogallala-Aquifer, einen riesigen Grundwasserleiter, der sich auf einer Fläche größer als Deutschland unter den Great Plains erstreckt und eine enorm wichtige Trinkwasserquelle für die Anwohner ist.

Problematisch ist auch der Ort, an dem man die Ölsande findet. Ein Drittel davon befindet sich unter den borealen Wäldern der kanadischen Provinz Alberta, einem der größten noch intakten Waldökosysteme. Diese letzten Naturrefugien haben nun eine ungewisse Zukunft durch die Teersande, denn für deren Gewinnung muss der Wald abgeholzt werden.

Auch der Transport des Rohstoffs stellt ein Problem dar: Von der Teersand-Förderung bis zu unserem Tank werden 17 Prozent mehr Treibhausgase ausgestoßen als bei normalem Öl, eine verheerende CO2-Bilanz.

Nichts als Ausreden

Bei all diesen negativen Punkten fragt man sich, welche Argumente eigentlich die Befürworter haben. Diese argumentieren, dass die Pipeline 42.000 neue Arbeitsplätze schaffen wird. Was dabei nicht erwähnt wird, ist die Tatsache, dass 99 Prozent der Jobs vorübergehend sind. Nur in den zwei Jahren, in denen die Pipeline gebaut wird, gibt es diese Arbeitsplätze. Sobald die Bauarbeiten an der Pipeline beendet sind, bleiben schätzungsweise nur noch 45 Vollzeitjobs und 15 befristete Anstellungen.

Ein weiteres Argument der Unterstützer der Pipeline ist, dass durch sie der Benzinpreis sinken soll. Allerdings entspricht das nicht der Wahrheit, weil das Öl aus der Keystone-Pipeline ins Ausland verkauft werden soll und somit keine Auswirkung auf den Benzinpreis in den USA haben wird.

Des Weiteren betonen die Fürsprecher, dass Keystone XL den US-Bürgern zu mehr Wohlstand verhelfen wird. Jedoch wird der Profit wie so oft nie die breite Bevölkerung erreichen, sondern den Investoren zukommen - darunter die einflussreichen Koch-Brüder - und sie noch reicher machen.

Alle Argumente, die für die Pipeline sprechen, können also sehr leicht widerlegt werden. Worauf es wirklich hinausläuft, ist ein Deal auf Kosten der Allgemeinheit: Private Ölunternehmer bezahlen Politiker dafür, dass diese ihr Projekt durchdrücken. Man muss dazu sagen, dass diese Art von "Spende" legal ist. Wie sinnvoll es ist, dass private Unternehmer solche Summen an die Politiker zahlen dürfen, die sie unterstützen liegt wohl auf der Hand. Wir haben es mit einer "legalen Form der Bestechung" zu tun.

Pipeline gegen Sioux, Sioux gegen Pipeline

Ein ähnlich großes Projekt ist die Dakota Access Pipeline, die Öl von North Dakota nach Illinois transportieren soll. Die Trasse liegt in der Nähe des Sioux-Reservats Standing Rock und führt unter dem Missouri River hindurch, der die Sioux mit Wasser versorgt. Mehrere indianische Völker sowie Umweltschützer und Bürgerrechtsorganisationen haben sich für den Protest gegen dieses gefährliche Bauprojekt zusammengeschlossen. Gegen Protestierende wurde oft mit heftiger Polizeigewalt vorgegangen.

Gegenüber den Ureinwohnern hat die US-Regierung eine gesetzliche Verpflichtung, ihre vertraglich festgelegten Rechte zu schützen. Laut dem Chief der Sioux wurde die Route der Pipeline aber auf unfaire Weise und ohne ihre Einwilligung über ihr Territorium geplant. Die Route der Pipeline verletze damit ihre Rechte und verschmutze nicht nur ihr Wasser, sondern auch das von 17 Millionen weiteren Menschen.

Besonders pikant: In die Firma Energy Transfer Partners, die für den Bau der Dakota Access Pipeline verantwortlich ist, hat auch Donald Trump investiert. Daraus wird deutlich, dass er hier seine eigenen Interessen verfolgt. Einer seiner Sprecher behauptete zwar, dass der Präsident seinen Interessenkonflikt beseitigt habe, lieferte jedoch hierfür keinerlei Beweise. Trump behauptet, die Pipeline schaffe 28.000 Jobs - woher er diese Zahl nimmt, ist unklar. Kurzfristig würden 12.000 neue Arbeitsplätze entstehen, folgt man den Angaben des Projektentwicklers Dakota Access LLC. Dabei sind die indirekt entstehenden Jobs miteingerechnet. Nach Schätzungen der Brookings Institution, einer den Demokraten nahestehenden Denkfabrik, bleiben am Ende jedoch nur 40 Vollzeitjobs bestehen.

Angriff der Klimaleugner

Mit dem Ex-Chef des Ölkonzerns Exxon, Rex Tillerson, als Außenminister und einem Kabinett voller Klimawandelleugner ist es nicht verwunderlich, dass Trump sich gleich nach seinem Amtsantritt dafür entschieden hat, die beiden Pipelineprojekte zu verwirklichen. Auch der Präsident selbst hat den Klimawandel schon einmal als "eine Erfindung der Chinesen" bezeichnet.

Mit der Durchsetzung der Projekte erfüllt Trump ein Wahlversprechen. Er hatte auch versprochen, dass die Pipelines mit Stahl aus den USA gefertigt werden sollen, was sich später jedoch als Lüge herausstellte. Hinzu kommt, dass Trump den Genehmigungsprozess für den Bau von Pipelines vereinfachen und die Umweltprüfungen verkürzen will.

Die Genehmigung der Pipelines gibt einen Vorgeschmack darauf, was uns die nächsten vier Jahre erwartet. Umweltschutz wird unter Trump keine Rolle spielen. Für den Unternehmer und Milliardär zählt nur der schnelle Gewinn, die Umwelt fällt dabei genauso unter den Tisch wie die Belange benachteiligter Gruppen und das Gemeinwohl. Kurzfristig betrachtet scheint es einen Vorteil zu bringen, wenn man nur den Gewinn im Blick hat und ökologische sowie ethische Bedenken komplett ausblendet. Doch auf lange Sicht kann es auch nicht im Interesse der Wirtschaft liegen, die Lebensgrundlagen zu untergraben und die Gesellschaft zu spalten. Die beiden Pipeline-Projekte zeigen aber, wie sehr das Motto "Nach uns die Sintflut" kennzeichnend für das heutige Wirtschaften ist.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Öl kann man nicht trinken und Geld nicht essen - für einige schwer zu begreifen.

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Quelle:
DER RABE RALF
27. Jahrgang, Nr. 197 - April/Mai 2017, Seite 22
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Mai 2017

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