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WALD/013: Indien und Pakistan - Schmuggler fällen Kaschmirs Wälder (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Januar 2011

Indien/Pakistan: Schmuggler fällen Kaschmirs Wälder

Von Athar Parvaiz

Ein von Schmugglern gefällter Baum in Kaschmir - Bild: © Athar Parvaiz/IPS

Ein von Schmugglern gefällter Baum in Kaschmir
Bild: © Athar Parvaiz/IPS

Srinagar, Indien, 26. Januar (IPS) - Im Sommer letzten Jahres kam es zwischen jungen kaschmirischen Freiheitskämpfern und den indischen Sicherheitskräften zu heftigen Auseinandersetzungen. Schmuggler nutzten die Unruhen, um mit Unterstützung der lokalen Behörden den illegalen Holzhandel auszuweiten.

"Wir sind machtlos, uns fehlen Infrastruktur und Personal, um den Umtrieben Herr zu werden", klagt der Waldschutzbeauftragte des indischen Teils Kaschmirs, Manzoor Ahmad. Für die Forstbeamten, die pro Person und ohne Fahrzeug ein Gebiet von zehn Quadratkilometer kontrollieren müssten, seien dazu nicht in der Lage.

Manzoor zufolge versucht seine Behörde derzeit den illegalen Machenschaften mit einer Liberalisierung der Holzimporte von außerhalb Kaschmirs entgegenzuwirken. "Wir verlangen für die Einfuhren keine Steuern und auch keine Dokumente für den Transit, erläutert er.

Doch wie die Eigentümer eines privaten Holzdepots berichtet, halten Forstbeamten sehr wohl die Hand auf, um an den Holzimporten zu verdienen. "Sie verlangen 25 Rupien für jeden Kubikmeter Holz, weiß Ghulam Ahmad aus dem indischen Srinagar.


Erosion und Erdrutsche

Ein Hotspot des Holzschmuggels ist Rafiabad im Norden Kaschmirs, wo die Hölzer mit Hilfe von Pferden abtransportiert werden. Hier ist der Kahlschlag so sehr fortgeschritten, dass er dort Erdrutsche verursacht.

Laut dem Sozialaktivisten und Lehrer Ashraf Khan verdienen an dem illegalen Geschäft die Holzabnehmer. Die Schmuggler, die mit ihren Äxten die Bäume fällten, würden mit lächerlichen Beträgen abgefertigt. Das wiederum zwinge sie, möglichst viele Bäume zu schlagen.

"Wir haben keine anderen Einkommensmöglichkeiten. Wir sind von den Wäldern abhängig", meinte ein Holzschmuggler, der sich Anonymität ausbat. "Ich weiß, das ist keine redliche Arbeit, doch andere Alternativen gibt es für mich nicht."

Die Schmuggler scheuen auch nicht die Risiken, die mit ihren Aktivitäten in einer Konfliktzone verbunden sind. Sie könnten von der indischen Armee versehentlich für militante Freiheitskämpfer gehalten und wie Farooq Khan 2005 und Gull Kalis 2010 getötet werden.

In den meisten Fällen jedoch haben die Schmuggler von den Sicherheitskräften wenig zu befürchten und können mit ihren heimlichen Aktivitäten zwischen 90 bis 100 US-Dollar die Nacht verdienen. Der Boom in der Bauwirtschaft und das Fehlen von Waldschutzmaßnahmen geben dem illegalen Handel mit Holz in Kaschmir, das das sowohl Indien als auch Pakistan für sich beansprucht, Auftrieb.


Schmuggler zu Guides

Karin Fischer, eine Deutsch-Amerikanerin, die die indische Staatsbürgerschaft beantragt hat, kam vor einigen Jahren nach Kaschmir, um hier ein vom indischen Tourismusministerium gefördertes ländliches Tourismusgeschäft zu starten. "Ich wählte die Gegend um Rafiabad im Norden Kaschmirs aus. Doch als ich dort ankam, war ich von dem Ausmaß der Waldzerstörung geschockt."

Das anfängliche geplante Projekt gab sie daraufhin auf und startete eine Kampagne zum Schutz der Wälder. Fischer gelang es, im Rahmen ihrer Initiative 'Trekking for Trees' rund 50 Holzschmuggler zur Aufgabe zu bewegen. Inzwischen sind die Männer als Touristenführer unterwegs oder leben davon, dass sie ihre Gäste unterbringen und verpflegen.

Fischer will nun im April ein ähnliches Projekt in der Ortschaft Khag im Srinagar-Bezirk Budgam initiieren. "Die kleinen Schmuggler zu bestrafen, nützt nichts", sagt sie. "Man muss die großen Fische schnappen und gleichzeitig den kleinen Schmugglern alternative Einkommensmöglichkeiten anbieten." (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2011