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WASSER/092: Kambodscha - Staudammprojekte am Mekong, Umweltschützer warnen vor den Folgen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. August 2012

Kambodscha: Staudammprojekte am Mekong - Umweltschützer warnen vor den Folgen

von Lawrence Del Gigante



New York, 22. August (IPS) - Die Regierung von Kambodscha will zwei weitere Staudämme am Mekong-Fluss bauen lassen, um die enorme Nachfrage nach Energie in dem südostasiatischen Land zu befriedigen. Unabhängige Organisationen warnen jedoch eindringlich vor den möglichen negativen Folgen für die Bevölkerung.

"Der Bau großer Dämme führt zumeist dazu, dass die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, die Unterernährung zunimmt und die Zukunft nicht mehr auf einer ökologisch nachhaltigen Basis steht", sagt Ame Trandem, der Südostasien-Programmdirektor der Organisation 'International Rivers'.

Bislang wurde in Kambodscha der Bau von vier von chinesischen Unternehmen entwickelten Staudammprojekten bewilligt. Wie Trandem erläutert, ist eines dieser Wasserkraftwerke bereits in Betrieb.

Der Mekong fließt durch sechs Staaten, darunter auch China und Vietnam. Die meisten dieser Länder setzen im Rahmen ihrer Energieversorgungspolitik auf Staudammprojekte. "Die Pläne für elf Dämme am Mekong sind eine der größten Bedrohungen, denen Kambodscha derzeit ausgesetzt ist", warnt Trandem.

Für solche Projekte ist das Industrieministerium zuständig, das sich bisher nicht öffentlich dazu äußern wollte. Experten befürchten schwerwiegende Konsequenzen für das fruchtbare Mekong-Delta, wo ein Großteil des für den Eigenbedarf bestimmten Reises produziert wird. "Da das Mekong-Delta Millionen Menschen ernährt und ihnen ein Auskommen ermöglicht, wäre es unverantwortlich, wenn der Xayaburi und andere Dammprojekte vorangetrieben würden", kritisiert Trandem.

Der Mekong ist einer der wenigen Flüssen, dessen Strömung sich in der Trockenzeit umkehrt. Dieser natürliche Mechanismus wirkt als Puffer, der das Eindringen von Salzwasser aus dem Südchinesischen Meer in das Delta verhindert. Die Dämme könnten dieses Gleichgewicht durcheinander bringen.


Existenz von Fischern bedroht

Die Wasserkraftprojekte würden zudem die Migration von Fischen stören und die Habitate verändern. Für die Fischer in Kambodscha hätte dies verheerende Folgen. "In dem Strategischen Umweltgutachten der Mekong-Kommission wird davor gewarnt, dass mehr als eine Million Menschen in Kambodscha, die vom Fischfang leben, ihre Existenzgrundlagen verlieren und mit Nahrungsknappheit konfrontiert würden", sagt Trandem.

Bereits ein geringer Rückgang des Fischfangs am Mekong könne Verluste von vielen Millionen US-Dollar bringen, erklärt der Experte. Partnerschaften zwischen Ländern, durch die der Fluss fließe, sollen eine übermäßige Ausbeutung der Ressourcen verhindern. China hat das 1995 geschlossene Mekong-Abkommen jedoch nicht unterzeichnet und kann somit ohne Rücksicht auf die stromabwärts liegenden Länder Staudammprojekte umsetzen. Trandem verweist in diesem Zusammenhang auf die Finanzierung der Dämme in Kambodscha durch chinesische Investoren.

"Die Auswirkungen sind flussabwärts bereits zu spüren", sagt er. Andere Fachleute glauben zudem nicht daran, dass Wasserkraft die Stromversorgungsprobleme des Landes lösen kann. "Die Lage ist momentan ziemlich katastrophal", meint Alexander Ochs vom 'Worldwatch Institute' in Washington.

Nach Angaben der Asiatischen Entwicklungsbank (AsDB) hat Kambodscha mit 24 Prozent eine der niedrigsten Elektrifizierungsraten in Südostasien. Bis 2020 will die Regierung durch den Ausbau des Stromnetzes den Anteil auf 70 Prozent steigern. Mehr als die Hälfte des benötigten Stroms soll aus dem Mekong bezogen werden.

Davon profitieren allerdings nur die Bewohner der größeren Städte und ihrer Einzugsgebiete, da die Leitungen zumeist nicht in die ländlichen Regionen hineinreichen. Ochs geht davon aus, dass lediglich sieben Prozent der Menschen in ländlichen Gebieten Zugang zu einem modernen Elektrizitätsnetz haben werden. Im Land werde der Anteil etwa 15 Prozent betragen.


Experten raten zu Solar- und Windkraft

Zum Kochen und Heizen wird vorwiegend Brennholz eingesetzt. Die übrige benötigte Energie stammt aus Dieselgeneratoren. "Das ist ein sehr ineffizienter, kostspieliger und schmutziger Weg der Stromerzeugung", beanstandet Ochs.

91 Prozent aller kambodschanischen Kraftwerke werden zurzeit mit importiertem Leicht-Diesel und Schweröl betrieben. Außerdem wird Diesel benötigt, um Generatoren für die autarke Stromversorgung anzutreiben. "Und dies alles in einem Land, das ein unglaubliches Potenzial für erneuerbare Energien wie Wind- und Solarkraft hat", meint Ochs. Auch in bewohnten Gebieten könnte effizient Solarstrom gewonnen werden, indem Solarzellen auf Häuserdächern installiert würden.

Die Bevölkerung außerhalb der Städte könnte durch alternative Energien Zugang zu sauberer Elektrizität erhalten, sagt der Experte. Der Nachteil bestehe aber darin, dass die Erzeugung von Solarenergie teuer, wartungsintensiv und nicht immer zuverlässig sei. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.internationalrivers.org/
http://www.mrcmekong.org/
http://www.worldwatch.org/
http://www.ipsnews.net/2012/08/cambodias-hydro-plans-carry-steep-costs/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 22. August 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2012