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WASSER/113: Entsalzung gegen Wassermangel - Gipfel in Abu Dhabi berät über nachhaltige Strategien (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Januar 2013

Nahost: Entsalzung gegen Wassermangel - Gipfel in Abu Dhabi berät über nachhaltige Strategien

von Thalif Deen


Bild: © Caterina Donattini/IPS

Farm in einem Dürregebiet in Syrien
Bild: © Caterina Donattini/IPS

New York, 14. Januar (IPS) - Angesichts der zunehmenden Wasserknappheit in Nahost und Nordafrika (MENA) werden führende Experten auf dem Weltwassergipfel in Abu Dhabi über nachhaltige Wege der Wasserwirtschaft diskutieren. Bei dem Treffen vom 15. bis 17. Januar steht auch die Auseinandersetzung mit dem von der EU vorangetriebenen 'Stream'-Projekt auf dem Programm.

Laut Weltbank ist MENA die wasserärmste Region der Welt. Dort leben etwa 6,3 Prozent der globalen Bevölkerung, denen nur 1,4 Prozent aller erneuerbaren Süßwasserquellen zur Verfügung stehen.

Die sechs Staaten, die im Golfkooperationsrat (GCC) zusammengeschlossen sind - Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) -, werden in den kommenden zwei Jahrzehnten voraussichtlich 725 Milliarden US-Dollar für neue Wasserprojekte, Entsalzungsanlagen, Infrastrukturen und High-Tech-Innovationen ausgeben.

Anders Jagerskog vom 'Stockholm International Water Institute' (SIWI) hält die Wasserkrise in der MENA-Region für "schwerwiegend". Die Süßwasserreserven seien bereits in den siebziger Jahren durch Projekte erschöpft worden, die den Ländern eine autarke Nahrungsproduktion sichern sollten, erläutert er. Das kostbare Nass wird vor allem für die Bewässerung von Feldern benötigt.

"Seitdem hat die Region sich mit steigenden Importen von 'virtuellem Wasser' beholfen", erklärt er. Darunter verstehe man das Wasser, das etwa zur Herstellung von Lebensmitteln benötigt wird.


Palästinenser besonders wassergestresst

Am schlimmsten ist das Problem in den Palästinensergebieten, wo die Wasserknappheit durch den Konflikt mit Israel verschärft wird. Die Palästinenser hätten nur eingeschränkte Möglichkeiten, ein gut funktionierendes Wassermanagement-System zu entwickeln, da sie selbst keine direkte Kontrolle über die Ressource hätten, betont Jagerskog. Mit Ausnahme von Jordanien und Jemen haben die sechs GCC-Staaten einen wachsenden Bedarf an Süßwasser angemeldet, wie Experten ausführen.

Der Weltwassergipfel in der Hauptstadt der VAE wird unter anderem das so genannte Stream-Projekt vorstellen. Er ist Teil der Nachhaltigkeitswoche in Abu Dhabi, die von dem Städtebauprojekt 'Masdar' ausgerichtet wird. Seit Februar 2008 wird in dem Emirat an einer 'Ökostadt' gebaut, die ein Modell für 'grüne' Energieproduktion werden soll. Die Initiatoren hoffen, aus aller Welt Investoren und führende Firmen im Technologie- und Ingenieurssektor anzuziehen.

Dem Veranstaltungsleiter Peter McConnell zufolge haben die GCC-Länder in den vergangenen Jahren hohe Investitionen getätigt, um die nachhaltige Wasserwirtschaft voranzubringen. Das 'Stream'-Projekt sei als Plattform gedacht, über die sich Experten aus der ganzen Welt mit Projektentwicklern in der Region vernetzen können. Die Bandbreite reiche von staatlichen Infrastrukturvorhaben im Umfang von mehreren Milliarden Dollar bis hin zu Hightech-Projekten wie energiesparenden Entsalzungsanlagen, Vorkehrungen gegen Leckwasser und Maßnahmen für eine effizientere Wassernutzung. "Diese Projekte werden wesentlich dazu beitragen, die weltweiten Probleme bei der Wasserversorgung in den Griff zu bekommen", betonte McConnell.

Jagerskog sieht die Wasserknappheit zum Teil durch eine verstärkte Entsalzung von Meerwasser gelöst. Dieses Wasser ist seiner Meinung nach eine gute wirtschaftliche Alternative für Industrie und Privathaushalte. Für die Produktion von einem Kilo Getreide seien 1.000 Liter Wasser nötig.


Wasser für ein Kilo Getreide kostet etwa einen Dollar

Der Preis für 1.000 Liter entsalztes Wasser schwankt derzeit zwischen 0,8 und einem US-Dollar. Diese Menge an Wasser wird für die Produktion von einem Kilo Getreide benötigt. Wie Jagerskog erklärte, müssten in der Zukunft mehrere Faktoren miteinander kombiniert werden - die Entsalzung von Wasser für kosmetische und industrielle Zwecke, eine effizientere Nutzung und eine zunehmende Verwendung von wiederaufbereiteten Abwässern für Bewässerungszwecke. Auch importiertes virtuelles Wasser sei weiterhin wichtig.

Die Denkfabrik 'Global Water Intelligence' (GWI), die in Abu Dhabi mit dem Stream-Projekt zusammenarbeitet, hat über größere geplante Investitionen in der Golfregion berichtet, die sich in den kommenden zwei Jahrzehnten auf 725 Milliarden Dollar belaufen könnten.

Zwischen 2013 und 2017 will allein Katar etwa 1,1 Milliarden Dollar in die Wasserentsalzung investieren und dazu unabhängige Wasser- und Energieprojekte durchführen. Kuwait steht für das städtische Wasser- und Abwassermanagement im Zeitraum 2013 bis 2016 ein Budget von insgesamt 4,4 Milliarden Dollar zur Verfügung. Die finanziellen Mittel der VAE in diesem Bereich belaufen sich auf 13 Milliarden Dollar.

Schätzungen von GWI zufolge wird Saudi-Arabien voraussichtlich in den nächsten zwei Jahrzehnten 53,9 Milliarden Dollar ausgeben, um Wasseranlagen zu bauen, zu betreiben und zu unterhalten.


UN-Generalsekretär warnt vor sozialen Folgen von Wasserkonflikten

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat bereits vor Wasserknappheit als Triebfeder sozialer Notlagen und Entwicklungshemmnisse gewarnt. "Dieser Mangel schafft Spannungen in Gebieten, die anfällig für Konflikte sind", sagte er. "Dort wo Wasser gebraucht wird, finden wir zu häufig Waffen. Dabei gibt es immer noch genug Wasser für uns alle - doch nur solange, wie wir es sauber halten, es klüger nutzen und gerecht teilen."

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind zurzeit etwa 700 Millionen Menschen in 43 Ländern mit Wassermangel konfrontiert. Erwartet wird, dass die Zahl der Menschen in Staaten und Regionen mit absoluter Wasserknappheit bis 2025 auf rund 1,8 Milliarden ansteigen wird. Zwei Drittel der Weltbevölkerung müssten dann mit Einschränkungen bei der Wasserversorgung leben.

Angesichts der sich abzeichnenden weiteren Klimaveränderungen muss den Prognosen zufolge im Jahr 2030 fast die Hälfte aller Menschen auf der Welt mit gravierenden Wasserproblemen umgehen. Allein in Afrika wären zwischen 75 Millionen und 250 Millionen Einwohner betroffen. Durch Wassermangel würden zwischen 24 Millionen und 700 Millionen Menschen aus trockenen und semi-ariden Gebieten vertrieben. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.stream-project.eu/
http://iwsabudhabi.com/portal/home.aspxv
http://www.siwi.org/
http://www.gcc-sg.org/eng/
http://www.globalwaterintel.com/
http://www.ipsnews.net/2013/01/water-summit-to-focus-on-resolving-scarcities-in-mideast/

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2013