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MASSNAHMEN/038: Regionale Auswirkungen des Klimawandels und die Anpassungsstrategie (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 153 - Dezember 2009 / Januar 2010
Die Berliner Umweltzeitung

KLIMAWANDEL
Klimawandel schlimmer als befürchtet
Die regionalen Auswirkungen des Klimawandels und die deutsche Anpassungsstrategie

Von Björn Klingspohn


Die globale Erwärmung nimmt weiter ihren Lauf und sogar noch schlimmer als bislang erwartet. Nach einem Bericht internationaler Experten, die jüngste Forschungsergebnisse ausgewertet haben, hat der Klimawandel schlimmere Folgen als bisher angenommen. Laut dem Ergebnis der 26 Experten werden einige Aspekte des Klimawandels früher und stärker eintreten, als vor wenigen Jahren noch vermutet. Es könnte sogar einen Anstieg der durchschnittlichen Temperatur um 7 Grad Celsius geben, wenn keine Emissionsminderungen vorgenommen werden. "Schon die Anpassung der Gletscher an das heutige Klima wird den Meeresspiegel um voraussichtlich 18 Zentimeter ansteigen lassen. Bei weiterer Erwärmung könnten sie bis zum Jahr 2100 mehr als einen halben Meter zum Anstieg beitragen", so Georg Kaser von der Universität Innsbruck. Die globalen Emissionen müssen rapide abnehmen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden. Viele fragen sich, wie sich der Klimawandel in Deutschland auswirken wird, genauer in den verschiedenen Regionen Deutschlands.

Die globale Erwärmung wird auch vor Deutschland nicht halt machen. So wird es auch hier starke Auswirkungen geben. Die Jahresmitteltemperatur ist in den letzten 100 Jahren um 0,8 Grad angestiegen. Das letzte Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts war das bisher wärmste des Jahrhunderts.

Das Umweltbundesamt veröffentlicht Ergebnisse regionaler Klimamodelle, die mögliche Klimaänderungen in Deutschland bis zum Jahr 2100 berechnen. Im Vergleich der Jahre 2071 bis 2100 mit dem Zeitraum von 1961 bis 1990 zeigen die Klimamodelle, wie sich das Klima entwickeln könnte und was daraus resultiert.


Regionale Wirkungen und Risiken

Die Temperaturen steigen regional und jahreszeitlich unterschiedlich um 1,5 bis 3,7 Grad an. Es wird mehr heiße Tage und Tropennächte geben, und auch die Zahl und Dauer von Hitzeperioden wird zunehmen. Außerdem wird sich der Umfang der Niederschläge im Sommer um 30 Prozent verringern, aber die Zahl der Starkniederschläge wird zunehmen. Auch mit einem Rückgang der Gletscher und der Schneebedeckung in den Alpen ist zu rechnen. Der Meeresspiegel wird erheblich ansteigen, was auf das Abschmelzen der Gletscher zurückzuführen ist. Hoch- und Niedrigwasser werden öfter vorkommen. Sogar Sturmfluten werden häufiger auftreten. Der Temperaturanstieg in den Küstenregionen von Nord- und Ostsee fällt vergleichsweise gering aus, was auf die Nähe zum Meer und das gemäßigte Klima zurückzuführen ist. Der Niederschlag hingegen, so berechnen die Modelle für die Nordseeküste und das nordwestdeutsche Tiefland, wird im Winter überdurchschnittlich zunehmen. Für die Ostseeküste und das nordostdeutsche Tiefland wird es eine deutliche Abnahme der Niederschläge im Sommer geben. Die zentralen Mittelgebirge und der Harz behalten das kühlere Klima im Vergleich zu den anderen Teilen Deutschlands. Die Zahl der Sommertage wird sich verdoppelt. Die höchsten winterlichen Niederschläge von ganz Deutschland, berechnen die Modelle, werden in den Regionen der links- und rechtsrheinischen Mittelgebirge vorkommen. Eine Zunahme heißer Tage und Nächte sowie der Zahl und Dauer der Hitzeperioden wird für den Oberrheingraben vorausgesagt. Die regionalen Klimamodelle für das Alpenvorland sowie für die Schwäbische Alb und das Nordbayerische Hügelland im Süden Deutschlands zeigen eine stärkere Zunahme der Temperatur als für den Bayerischen Wald und die Küstenregionen. Mit einer besonders starken Verminderung der Niederschläge könnte in Süd- und Südwestdeutschland zu rechnen sein. Die Schäden, die durch diese extremen Wetterereignisse auftreten, lassen sich nicht vorhersagen, doch ein Blick in die Vergangenheit zeigt die möglichen Dimensionen für Deutschland.


Risiken die auf Deutschland zutreffen könnten:

Gesundheit: Infektionen durch vorhandene Krankheitserreger breiten sich besser aus und bisher unbekannte Erreger könnten sich hier neu ansiedeln.

Landwirtschaft: Beeinträchtigung der Erträge durch ausbleibende Niederschläge, abnehmende Ertragssicherheit wegen erhöhter Klimavariabilität.

Forstwirtschaft: Erhöhte Waldbrandgefahr, zunehmender Druck durch Wetterextreme und Schädlinge.

Wasserwirtschaft: Im Winter starke Niederschläge, steigende Hochwassergefahr, häufiges Niedrigwasser im Sommer und veränderter Grundwasserspiegel.

Naturschutz: Gefährdung der Artenvielfalt hauptsächlich in Feuchtgebieten und Gebirgsregionen mit Konsequenzen für die Naturschutzziele.

Verkehr: Mehr Hoch- und Niedrigwasser sorgen für eine Beeinträchtigung der Binnenschifffahrt. Zerstörung von Infrastruktur durch Extremereignisse.

Tourismus: Abnahme der Schneesicherheit in den Gebirgsregionen. Bessere wirtschaftliche Erfolgsaussichten für die Tourismusziele an den Küsten, aber auch negative Folgen für die Touristen wegen des vermehrten Auftretens von Quallen und toxischen Algen.

Hochwasser- und Küstenschutz: Häufige Hochwasserereignisse fordern die Küstenschutzanlagen. Sollten die Schutzanlagen versagen, drohen Schäden.

Mögliche "positive" Folgen sind in Norddeutschland zu erwarten, wo durch das milde Klima Wein angebaut werden kann. Ebenfalls in der Landwirtschaft könnten neue Sorten angebaut werden, für die es bisher zu kalt oder nass ist. Wirtschaftlich schlecht, aber für die Verbraucher gut ist das Einsparen von Heizkosten durch die steigenden Temperaturen.

Das sind nur einige Beispiele möglicher Wirkungen des Klimawandels in Deutschland.


Anpassungsstrategien in Deutschland

Mögliche Anpassungsstrategien und Maßnahmen:

Gesundheit: Aufklärung des medizinischen Personals, Einführung von Frühwarnsystemen mit zeitlich und räumlich abgestimmten Warnungen und Verhaltensregeln. Ausbau der medizinischen Forschung zu klimabedingten Krankheiten und geeignete Impfungen.

Landwirtschaft:
Veränderung der Aussaattermine, Entwicklung und Anbau
widerstandsfähiger Sorten gegenüber Schädlingsbefall.

Forstwirtschaft: Geeignete Baumarten, die resistent gegen Schädlingsbefall sind, verbesserte Vorsorge gegen Waldbrände und Erhaltung der empfindlichen Waldökosysteme.

Wasserwirtschaft: Beachtung der veränderten Ausprägung und Häufigkeit von Extremereignissen in der Planung der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur, effizientere Nutzung der Wasserressourcen. Fortführung von Wassersparmaßnahmen in privaten Haushalten sowie der Industrie, Land- und Forstwirtschaft. Verbesserung der Wasserqualität und des ökologischen Zustandes.

Naturschutz: Einrichtung von Schutzgebieten, die natürlich ablaufende Prozesse im Ökosystem erhalten.

Verkehr: Technische Maßnahmen gegen Extremereignisse in potenziellen Hochwassergebieten.

Tourismus: Flexiblere und wetterunabhängige Ganzjahresangebote, Erhöhung der Attraktivität mit Betonung der regionalen Besonderheiten, Kontrolle der Wasserqualität.

Hochwasser- und Küstenschutz: Verstärkung der bestehenden Schutzanlagen, hochwasserangepasste Bauweisen.

So müßten einige Maßnahmen zur Anpassungsstrategie in Deutschland aussehen.

Die regionalen Auswirkungen des Klimawandels könnten, wenn die globale Erwärmung nicht gestoppt wird, katastrophal werden. Auch wenn es mögliche Anpassungsstrategien gibt: genau vorhersagen lässt sich gar nichts.


www.umweltbundesamt.de
www.anpassung.net

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Brandenburger Zukunft?


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Quelle:
DER RABE RALF - 20. Jahrgang, Nr. 153, Dezember 2009/Januar 2010, S. 5
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2010