Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → LANDWIRTSCHAFT

FORSCHUNG/335: Projekt "AgroForstEnergie" am Julius Kühn-Institut (ForschungsReport)


ForschungsReport 1/2011
Ernährung · Landwirtschaft · Verbraucherschutz

Julius Kühn-Institut
"AgroForstEnergie" - Energieholz und Strukturvielfalt

Von Dr. Kai-Uwe Schwarz, Dr. Maren Langhof und Prof. Dr. Jörg-Michael Greef


In dem Gemeinschaftsprojekt "AgroForstEnergie" untersuchen Wissenschaftler aus fünf Einrichtungen, wie sich auf landwirtschaftlichen Flächen schnell wachsende Hölzer und einjährige Ackerkulturen im räumlichen Verbund produzieren lassen. Im Mittelpunkt stehen folgende Fragen: Wie wirken sich die neu angelegten Baumstreifen auf die Produktivität des Gesamtsystems aus? Und hat das "Mehr" an Strukturelementen positiven Einfluss auf Nachhaltigkeitskriterien wie Biodiversität, Erosionsschutz und Mikroklima?

Vor dem Hintergrund einer politisch angestrebten Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien sind schnell wachsende Gehölze in Kurzumtriebsplantagen (KUP) eine interessante Option, um Biomasse für die energetische Verwertung bereit zu stellen.

Die Anlage von KUP wird ökologisch überwiegend positiv bewertet. Durch den Wegfall der Bodenbearbeitung sowie einen geringen Aufwand für Pflanzenschutz und Düngung können sie, wenn sie erstmal etabliert sind, weitgehend extensiv bewirtschaftet werden. Nach Angaben der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) werden in Deutschland derzeit nur ca. 4.000 ha Ackerland für KUP genutzt. Der Anbau erfolgt vorwiegend auf kleineren Flächen. Von Seiten des Naturschutzes wird befürchtet, dass bei einer künftigen Ausweitung der Anbaufläche auch die Schlaggrößen zunehmen. Das könnte die positiven Effekte einer KUP verringern. Auch die geringe genetische Variabilität der heutigen Pappelklone, die als Mix angebaut werden, ist ein Kritikpunkt.


Modernes Agroforstsystem als Antwort

Der kombinierte Anbau von Forst- und Ackerkulturen in einem Agroforstsystem schafft neue Landschaftselemente, leistet einen Beitrag zur strukturellen und genetischen Vielfalt eines Standorts und fördert dadurch die Diversifizierung von Lebensräumen.

In unmittelbarer Nähe der Baumstreifen sind Konkurrenzeffekte zwischen Forst- und Ackerkulturen zu erwarten mit negativen Folgen insbesondere für die einjährigen Kulturen. Mit zunehmender Entfernung jedoch dürften die positiven Einflüsse überwiegen. Aufgrund der Windschutzwirkung könnte die Verdunstung auf den Ackerstreifen reduziert werden. Dies dient dem Erhalt der Bodenfeuchtigkeit gerade in Trockenphasen, wodurch die Ertragsstabilität günstig beeinflusst wird. Durch die Etablierung von Gehölzstreifen auf Ackerflächen sind auch Effekte auf Nützlings-Schädlingsbeziehungen in den Ackerkulturen zu erwarten.


Das Projekt

Um hier zu belastbaren Ergebnissen zu kommen, ist das Projekt "AgroForstEnergie" ins Leben gerufen worden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Pflanzenbau und Bodenkunde des Julius Kühn-Instituts (JKI), des Instituts für Forstgenetik des Johann Heinrich von Thünen-Instituts (vTI), der Universitäten Cottbus und Gießen sowie der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft untersuchen gemeinsam Agroforstsysteme unter verschiedenen Standortbedingungen und unter besonderer Berücksichtigung ökologischer und wirtschaftlicher Aspekte. Auf den Versuchsstandorten werden regelmäßig Boden- und Pflanzenbeprobungen durchgeführt, Daten zum Vegetationsverlauf von Ackerkulturen und Baumarten erfasst sowie Ertragskartierungen durchgeführt.

Das Gemeinschaftsprojekt wird von der FNR finanziell unterstützt.


Der Versuchsstandort Wendhausen

Am Standort Wendhausen nahe Braunschweig hat das JKI ein sogenanntes "Alley-Cropping" System etabliert, das die Produktion von schnellwachsenden Pappeln mit dem Anbau einjähriger Ackerkulturen auf einer Fläche räumlich kombiniert. 12 Meter breite Pappelstreifen wechseln sich mit 48 Meter breiten Feldflächen ab. Als Indikatoren für Veränderungen in der Biodiversität werden exemplarisch Brutvogelarten und die Begleitvegetation in den Baumund Ackerstreifen bestimmt. Am Beispiel der Getreideblattläuse und ihrer Gegenspieler werden Nützlings-Schädlingsbeziehungen untersucht. Kontinuierliche Wetteraufzeichnungen und Bodenfeuchtigkeitsmessungen geben Aufschluss über mikroklimatische Veränderungen innerhalb der Baumstreifen und in den angrenzenden Ackerkulturen.

Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass durch Baumreihen, die quer zur Hauptwindrichtung gepflanzt werden, die Windgeschwindigkeiten auf den angrenzenden Ackerflächen großflächig verringert werden können. Messungen am Versuchsstandort Wendhausen ergaben selbst in einer Entfernung von über 40 Metern zur Baumreihe noch niedrigere Windgeschwindigkeiten (Abb. 1). Ertragserhebungen bei Winterweizen zeigten, dass in den Feldbereichen in unmittelbarer Nachbarschaft des Baumstreifens die Erträge aufgrund der Konkurrenz zwischen den Arten niedrig sind und mit größer werdender Distanz zunehmen. Das Ertragsmaximum lag etwa in Streifenmitte und nahm zum nächsten Baumstreifen hin wieder ab (Abb. 2). Vergleichbare Beziehungen wurden auch für die mit Winterraps und Wintergerste bestellten Ackerstreifen gefunden. Das Projekt "AgroForstEnergie" hat in der ersten Phase noch eine Laufzeit bis Ende 2011.

Dr. Kai-Uwe Schwarz, Dr. Maren Langhof, Prof. Dr. Jörg-Michael Greef,
Julius Kühn-Institut, Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde,
Bundesallee 50, 38116 Braunschweig. E-Mail: kai-uwe.schwarz[at]jki.bund.de


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. 1: Windschattenwirkung von Baumstreifen in einem Agroforstsystem: Reduzierung der Windgeschwindigkeit in verschiedenen Abständen vom Baumstreifen im Vergleich zur Referenzstation auf der windzugewandten Seite des Streifens. Die Windgeschwindigkeit war kurz hinter dem Baumstreifen am niedrigsten. Selbst in 46 m Abstand erreichte sie nicht das Niveau der Referenzstation. Die Baumhöhe der Pappeln betrug 5 m.

Abb. 2: Winterweizenerträge auf einem 48 m breiten Ackerstreifen (rechts) im Windschatten eines angrenzenden Baumstreifens mit 12 m Breite (weißer Streifen): Die Erträge sind in unmittelbarer Nachbarschaft des Baumstreifens niedrig und nehmen mit größer werdender Distanz zu. Das Ertragsmaximum liegt etwa in Streifenmitte.

Diesen Artikel inclusive aller Abbildungen finden Sie im Internet im PDF-Format unter:
www.forschungsreport.de


*


Quelle:
ForschungsReport Ernährung · Landwirtschaft · Verbraucherschutz
1/2011, Heft 43 - Seite
Herausgeber:
Senat der Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Schriftleitung & Redaktion: Dr. Michael Welling
Geschäftsstelle des Senats der Bundesforschungsanstalten
c/o Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI)
Bundesallee 50, 38116 Braunschweig
Tel.: 0531/596-1016
E-Mail: michael.welling@vti.bund.de
Internet: www.forschungsreport.de, www.bmelv-forschung.de

Der ForschungsReport erscheint zweimal jährlich.

Möchten Sie den ForschungsReport kostenlos abonnieren?
Dann wenden Sie sich einfach an die Redaktion.


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2011