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GENTECHNIK/911: Verdacht der Manipulation von Versuchsergebnissen bei EU Projekt (Testbiotech)


Testbiotech e.V. - München, 7. November 2014
Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie

Verdacht auf Manipulation bei EU-Forschungsprojekt

Auswertung von Fütterungsstudie mit Gentechnik-Mais MON810 ergibt Hinweise auf gesundheitliche Schäden bei Ratten



7. November 2014. Testbiotech veröffentlicht heute eine unabhängige Auswertung einer Fütterungsstudie mit gentechnisch verändertem Mais, die von dem EU-geförderten Projektkonsortium GRACE durchgeführt wurde. Dabei wurde gentechnisch veränderter Mais MON810, der ein Insektengift produziert, über 90 Tage an Ratten verfüttert. Die Ergebnisse wurden im Oktober 2014 im Fachjournal Archives of Toxicology veröffentlicht. Dabei kommen die Autoren der Studie zu dem Schluss, dass sich bei den Ratten keine negativen gesundheitlichen Effekte gezeigt hätten. Dagegen ergibt die jetzt von Testbiotech vorgelegte Auswertung der Daten, dass es sehr wohl Hinweise auf Schäden an Nieren, Leber und Bauchspeicheldrüse der Versuchstiere gibt. Die Höhe der Konzentration von MON810 im Futter der Ratten, die keine toxische Wirkungen hat, wurde nicht bestimmt. Damit ist die Studie wissenschaftlich weitestgehend wertlos. Die toxikologische Bewertung der Publikation erfolgte durch einen Experten mit langjähriger Erfahrung im Bereich regulatorischer Toxizitätsprüfungen.

Testbiotech wirft den Autoren auch vor, ihre Ergebnisse in einem Journal mit zu großer Nähe zur Industrie veröffentlicht zu haben. Möglicherweise sollte auf diese Weise eine genauere Prüfung der Daten vermieden werden.

"Wir sind über das Ergebnis unserer eigenen Auswertung bestürzt. Die Ergebnisse dieser Studie sollen laut EU-Kommission entscheidend dafür sein, wie zukünftig mit der Risikobewertung bei gentechnisch veränderten Pflanzen umgegangen werden soll. Jetzt sieht es so aus, als ob man versucht hat, die Ergebnisse zu manipulieren, um jegliche Zweifel an der Sicherheit der Produkte im Keim zu ersticken", erklärt Christoph Then von Testbiotech.

Unter anderem kann Testbiotech belegen, dass die leitenden Herausgeber von Archives of Toxicology, Jan G. Hengstler und Hermann Bolt, enge Verbindungen zur Industrie haben und in Fragen der Risikobewertung von Chemikalien auffallend ähnliche Positionen wie die Industrie vertreten. Auch der führende Autor der GRACE-Studie, Pablo Steinberg, hat aktive Verbindungen zu industrienahen Einrichtungen wie dem International Life Science Institute (ILSI). Er ist zudem selbst einer der Herausgeber von Archives of Toxicology.

Vor dem Hintergrund der Bedeutung dieser Studie empfiehlt Testbiotech, die Publikation zurückzuziehen. Eine erneute Veröffentlichung käme nur nach einer strikten Begutachtung durch externe Gutachter infrage. Zudem müsste die Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Journal erfolgen, dessen Herausgeber keine Verbindungen zu den Autoren haben, dessen wissenschaftliche Integrität unstrittig ist und das hohe Standards bei der Vermeidung von Interessenkonflikten setzt.

"Wir fordern, dass in der Risikoforschung, die mit öffentlichen Geldern durchgeführt wird, höchste Standards an die Wissenschaftlichkeit und an die Vermeidung von Interessenkonflikten angelegt werden. Das ist hier eindeutig nicht der Fall. Diese Studie zeigt, dass in der EU wichtige Mechanismen zur Qualitätssicherung wissenschaftlicher Arbeit nicht funktionieren", so das Fazit von Christoph Then.



Die Studie von Testbiotech:
www.testbiotech.org/node/1108

Die Publikation in Archives of Toxicology:
www.grace-fp7.eu/sites/default/files/GRACE-FeedingTrials_AB_ArchToxicol_2014.pdf

Testbiotech Hintergrund zu GRACE:
http://www.testbiotech.org/node/784

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Quelle:
Testbiotech e. V., 07.11.2014
Institut zur unabhängigen Folgenabschätzung in der Biotechnologie
Frohschammerstr. 14, 80807 München
Tel: 089/35899276
E-Mail: info@testbiotech.org
Internet: www.testbiotech.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. November 2014