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AGRARINDUSTRIE/137: Wälder verwursten? Nein, danke! (ROBIN WOOD magazin)


ROBIN WOOD magazin - Nr. 132/1.2016

Wälder verwursten? Nein, danke!
Die Tierproduktion gefährdet Wald und Umwelt

von Jannis Pfendtner


Am 15. November 2016 kam die internationale Tierproduktionsindustrie auf ihrer weltgrößten Messe "EuroTier" zu ihrem jährlichen Treffen zusammen. Auf der Fachmesse mit über 160.000 BesucherInnen aus vielen Ländern wird unter anderem das Neueste aus Futterherstellung, Stallbau und Haltungstechnik präsentiert - natürlich immer mit der Frage nach stärkerem Wachstum und mehr Effizienz im Hintergrund. Die Tierindustrie will weiter wachsen - und das, obwohl sie jetzt schon die größten ökologischen Probleme verursacht. Eine solch große und industrialisierte Tierhaltung ist nicht ohne einen ökologischen Preis zu haben, neben all dem Tierleid.

In Deutschland produziert ein Bestand von 200 Millionen Rindern, Schweinen und Legehennen schon jetzt 80.000 olympische Schwimmbäder Gülle jährlich und überlastet damit die Böden. Seit Jahren werden die Nitratgrenzwerte im Grundwasser überschritten: Nach neuesten Zahlen trifft dies auf 28 Prozent der bundesweiten Messstellen bei oder nahe Landwirtschaftsflächen zu. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen werden diese Grenzwerte auf 50 bzw. 60 Prozent der Landesfläche überschritten. Wasser, das diese Grenzwerte überschreitet, kann insbesondere für Kinder und schwangere Frauen gefährlich werden, aber auf Dauer bei allen krebserregend wirken. Weil sich die Situation in Deutschland noch verschlechtert hat, und die Bundesrepublik bis heute nichts unternimmt, hat die EU-Kommission Ende 2016 Klage erhoben.

Nicht nur Wasser und menschliche Gesundheit leiden unter diesen Einträgen, sondern auch der Wald. Nur Wenige wissen, dass heute nur noch gut ein Drittel des Waldes als gesund gilt. Bei den wichtigen Baumarten Buche und Eiche ist sogar nur noch jeder vierte Baum schadensfrei. Die Stickstoffverbindungen versauern die Böden und schaffen Nährstoffungleichgewichte, die die Wälder schwächen. Stresssituationen wie etwa Trockenperioden durch den Klimawandel können labile Wälder kaum noch verkraften. So hat sich die Situation seit dem Trockensommer 2003 kaum verbessert. Auch viele Pflanzenarten finden sich heute aufgrund der Stickstoffüberdüngung auf der Roten Liste.

Und auch weit von uns entfernt hat die deutsche Tierproduktion Folgen für die Wälder: Zwei Drittel der landwirtschaftlichen Flächen weltweit dienen mittlerweile der Tierproduktion. Die billigsten Quellen der Tierfuttermittel sind Soja und Palmöl, deren Plantagen sich immer weiter in die Wälder des Südens fressen. Die genveränderten Monokulturen bieten keinerlei Platz mehr für Artenvielfalt und kleinbäuerliche Landwirtschaft, dafür verdrängen sie immer weiter die ehemaligen Urwälder. Dabei kommt es oft zu Menschenrechtsverletzungen und Vertreibungen der lokalen Bevölkerung. Die deutsche Tierproduktion importiert nicht nur große Massen zweifelhaft produzierter Futtermittel, sondern lädt den Mist, der hinten rauskommt, sprichwörtlich hier ab. Die massenhafte Tierproduktion klaut uns die "Lungen der Erde", gefährdet Natur und Gesundheit vor Ort und fügt Tieren unermessliches Leid zu. Zeit, widerständig zu werden.

Ein erstes Zeichen dazu konnten die BesucherInnen der EuroTier nicht übersehen, als am Morgen der Messeeröffnung über dem Eingangstor das große Banner "Wälder nicht verwursten! Tierfabriken schließen!" hing und mehrere AktivistInnen sich am Boden lautstark bemerkbar machten.

Am 21. Januar 2017 fand die größte Demonstration gegen Massentierhaltung, die Wir-haben-es-satt-Demo, in Berlin mit 18.000 Menschen statt. Eine gute Chance für ein starkes Signal. Und auch wir von ROBIN WOOD werden uns sicher bald wieder bemerkbar machen.



Jannis Pfendtner ist ROBIN WOOD-Waldreferent
Kontakt: wald@robinwood.de

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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 132/1.2017, Seite 16
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. März 2017

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