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AKTION/068: Appell führender Experten an Rumänien, die letzten Paradieswälder Europas zu retten (EuroNatur)


Gemeinsame Pressinformation von EuroNatur und Agent Green vom 15. März 2017

200 weltweit führende Wissenschaftler und Experten der Waldökologie rufen Rumänien dazu auf, die letzten Paradieswälder Europas zu retten

EuroNatur: Rumäniens Regierung muss energisch durchgreifen, um die destruktiven Kräfte im rumänischen Forstsektor zu stoppen


Bukarest/Radolfzell. Die Urwälder in Rumänien erhalten namhafte Unterstützung aus aller Welt. 200 Wissenschaftler und Experten der Waldökologie aus 27 Ländern und von drei Kontinenten haben ein von EuroNatur initiiertes Memorandum unterzeichnet. Gemeinsam rufen sie damit die rumänische Regierung dazu auf, sofort zu handeln und die sehr wertvollen Urwälder zu retten. Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer der internationalen Naturschutzstiftung EuroNatur und Gabriel Paun, Präsident der rumänischen NGO Agent Green haben das Memorandum der Wissenschaftler heute der rumänischen Ministerin für Wasser und Wälder, Adriana Petcu, in Bukarest überreicht.

Die Wissenschaftler fordern von der rumänischen Regierung insbesondere, unverzüglich ein Einschlagsmoratorium für alle identifizierten und potentiellen Urwaldflächen zu beschließen. Ferner sollen die Forstverwaltung und insbesondere die Forest Guards einer strikten administrativen Kontrolle im Hinblick auf die Einhaltung der Gesetze unterzogen und bestehende Gesetzeslücken geschlossen werden. Die Unabhängigkeit des Managements der rumänischen Nationalparke sollen durch die Regierung sicher gestellt und die Kernzonen der Nationalparke so vergrößert werden, dass internationale Standards, die so genannten IUCN Kriterien, eingehalten werden. Zudem fordern die Wissenschaftler die rumänische Regierung dazu auf, Kompensationszahlungen für private Urwaldbesitzer bei vollständigem Nutzungsverzicht zur Verfügung stellen.

Unter den Unterzeichnern des Memorandum ist die Crème de la Crème der internationalen Waldökologen vertreten:
Dr. Ing. Iovu-Adrian Biris / Rumänien, Prof. Dr. Pierre L. Ibisch / Deutschland, Prof. Dr. Hans Dieter Knapp / Deutschland, Prof. Ing. Miroslav Svoboda / Tschechische Republik, Prof. Brendan Mackey, Ph.D. / Australien, Univ. Prof. Dipl. Ing. Dr. Kurt Zukrigl / Österreich, Univ. Prof. Dr. Georg Gratzer / Österreich, Prof. Dr. Rainer Luick / Deutschland, Cyril F. Kormos (Vize-Präsident, WILD Foundation und Vize-Präsident für Welt-Naturerbe, IUCN-WCPA) / USA, Dr. James Watson (Wildlife Conservation Society, Präsident - Society for Conservation Biology) / USA, Dr. Ing. Nicolae Donita / Rumänien, Prof. Dr. Michael Succow (Träger des Alternativen Nobelpreises) und Prof. William S. Keeton, Ph.D. / USA.

Die Wissenschaftler unterstützen mit dem Memorandum auch ihre rumänischen Kollegen, die sich ebenfalls geschlossen gegen die drohende Zerstörung der Urwälder engagieren. In keinem anderen Land Europas gibt es noch so große Urwälder wie in Rumänien. Ungefähr zwei Drittel aller "Paradieswälder" der Europäischen Union haben in den rumänischen Karpaten überlebt. Zusammen mit der Ukraine ist Rumänien das wichtigste Land für den Schutz der Rotbuche, die nur in Europa vorkommt und deren Schutz von globaler Bedeutung ist. Die europäischen Buchenurwälder sind zudem Gegenstand einer transnationalen Nominierung als UNESCO Welt-Naturerbe. Dennoch wurden in den vergangenen 10 bis 15 Jahren bereits große Flächen mit außerordentlichem ökologischem und wissenschaftlichem Wert durch legalen und illegalen Holzeinschlag zerstört. Und die Urwaldzerstörung geht trotz einiger gesetzlicher Verbesserungen in den letzten Jahren mit alarmierender Geschwindigkeit weiter. Eine der wichtigsten Ursachen für die voranschreitende Vernichtung der Urwälder ist die weit verbreitete Korruption und die Missachtung der gesetzlichen Vorgaben im Forstsektor.

In der Konsequenz bieten nicht einmal die Naturschutzgebiete in Rumänien ausreichenden Schutz für die Primärwälder: viele der FFH-Gebiete in Rumänien sind sogar Hotspots der Waldzerstörung. Und fast alle rumänischen Nationalparke erfüllen die IUCN-Kriterien für Schutzgebietszonierung derzeit nicht. Primärwälder in Nationalparken wie etwa im Domogled-Nationalpark sind akut durch kommerziellen Holzeinschlag bedroht, der vielfach als Naturschutzmaßnahmen verschleiert wird.

"Gemeinsam mit 200 Wissenschaftlern und Experten der Waldökologie aus der ganzen Welt rufen wir heute die neue rumänische Regierung dazu auf, sich energisch für den Stopp des Holzeinschlags im wertvollsten europäischen Naturerbe - den letzten großflächigen Urwäldern - einzusetzen. Schon viel zu lange haben Politik und Behörden in Rumänien der Zerstörung des Naturerbes nur zugeschaut. Ursächlich hierfür sind vielfach finstere Praktiken im rumänischen Forstsektor, welche die Behörden, die Staatliche Forstverwaltung sowie private Holzeinschlags- und Handelsunternehmen einschließt. Es ist nun höchste Zeit für couragiertes Handeln. Die wertvollen Wälder sind nicht nur eine rumänische Angelegenheit, sondern sie verdienen es geschützt zu werden, für uns alle und die künftigen Generationen. Primärwälder spielen zudem eine enorm wichtige Rolle für den Klimaschutz und sie sind einer der kostbarsten Naturschätze Europas", sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer der EuroNatur Stiftung.



Hintergrundinformationen:

Die gemeinsame Kampagne "SaveParadiseForests" von EuroNatur und Agent Green will die Urwaldzerstörung in Rumänien international bekannt machen und den Urwaldschutz vorantreiben.
http://www.saveparadiseforests.eu/de/home/

Memorandum Scientists call for Protection of the Primary Forest Heritage of Romania"
https://www.euronatur.org/fileadmin/docs/Urwald-Kampagne_Rumaenien/Scientists_Memorandum_Save_Primary_Forests_of_Romania_S_Final_.pdf

EuroNatur und Agent Green rufen die Menschen in Europa auf, die internationale Petition zur Rettung unserer letzten Paradieswälder zu unterstützen.
http://www.saveparadiseforests.eu/de/petition/

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Quelle:
Pressemitteilung, 15.03.2017
EuroNatur (Hauptgeschäftsstelle)
Stiftung für Europas Natur
Konstanzer Str. 22. 78315 Radolfzell
Tel.: 07732/92 72-0, Fax: 07732/92 72-22
E-Mail: info@euronatur.org
Internet: www.euronatur.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2017

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