Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → LEBENSRÄUME


EUROPA/127: Flussbarrieren einreißen - Tausende Bauten ungenutzt (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-Koordination

EU-News - 20.07.2018 / Wasser & Meere

Flussbarrieren einreißen - Tausende Bauten ungenutzt


Nur 40 Prozent der europäischen Wasserwege und Wasserstraßen sind in einem guten Zustand. Zwei Drittel aller Fließgewässer sind verbaut. Doch eine neue Studie der Koalition Dam Removal Europe (DRE) zeigt, dass die Dichte von Staudämmen, Wehren und Schleusen in Europa viel höher ist als bisher vermutet. Dabei seien viele dieser Bauten gar nicht mehr im Betrieb oder nötig. Nicht nur wandernde Fischarten wie Lachs, Aal und Stör stießen so auf ihren Reisen ständig auf vermeidbare Barrieren.

Allein in Frankreich, Spanien, Polen und Großbritannien seien bis zu 30.000 hauptsächlich kleine Staudämme veraltet. Gegenwärtig gebe es keine umfassende Studie über die Gesamtzahl der veralteten Dämme in Gesamteuropa, aber diese Zahl dürfte noch viel höher sein. Bisher wurden nur Staudämme über 10 Meter Länge gezählt, aber diese machen weniger als 3 Prozent aller Flussbarrieren aus.

"Staudämme haben eine entscheidende Rolle in der Entwicklung Europas gespielt, aber sie haben auch zum langsamen Tod unserer Flüsse und dem katastrophalen Rückgang der Süßwasserarten beigetragen", sagte Stuart Orr, WWF-Gewässerexperte. "Zehntausende kleiner Staudämme und Barrieren werden nicht mehr genutzt, aber sie sind immer noch vorhanden: Sie verhindern die Wanderung von Fischen, stoppen den Transport von Sedimenten und Nährstoffen und unterminieren den Wert von Flüssen für Mensch und Natur."

Die AutorInnen des Berichts fordern die Regierungen in ganz Europa auf, diese überflüssigen Staudämme zu entfernen, um den Flusssystemen wieder Leben einzuhauchen und neue Möglichkeiten für die lokale Wirtschaft zu schaffen. Die "Entrümplung" werde es den Mitgliedstaaten auch ökologisch effizient und wenig Kosten verursachend ermöglichen, ihre Verpflichtungen gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zu erfüllen. Laut WRRL müssen alle Länder bis 2027 einen guten Status für die Mehrheit ihrer Gewässer, einschließlich Flüsse, Seen und Feuchtgebiete, erreichen.

"Die Natur kann sich erstaunlich schnell erholen, wenn sie die Chance erhält: Durch den Fischfang in Europa sind Fische erstmals seit Jahrzehnten wieder in Flüsse zurückgekehrt und bestehende Arten vermehren sich schnell", sagte Peter Gough von der World Fish Migration Foundation, einer der Autoren des Berichts. "Mit der Rückkehr der Fische kehren auch die fischfressenden Vögel und eine Vielzahl anderer Arten zurück, die auf gesunde Flusssysteme und Feuchtgebiete angewiesen sind. Es bringt auch Fischer und Vogelbeobachter zurück und verleiht den ländlichen Gebieten neues Leben."

Im Bericht sind Fallstudien aufgelistet, die die bemerkenswert schnellen Auswirkungen des Dammabbaus veranschaulichen. Nachdem in den Niederlanden im Jahr 2015 zwei Wehre aus dem Fluss "Boven Slinge" entfernt wurden, sei die Anzahl der Fischarten in den neu verbundenen Abschnitten um durchschnittlich 30 Prozent und die Anzahl der Einzeltiere um 148 Prozent gestiegen. In Dänemark, bei der Beseitigung eines Staudamms in der Gudenl, stiegen die Forellenzahlen stromaufwärts von null auf 4-5 pro Quadratmeter. Die Entfernung des Maisons-Rouges-Staudamms in Frankreich im Jahr 1999 habe zu einem spektakulären Anstieg der Fischzahlen geführt. Die Zahl der Meerneunaugen stieg innerhalb von acht Jahren von kaum mehr vorhanden auf über 41.000 an. [jg]


Pressemitteilung WWF
http://wwf.panda.org/wwf_news/?331331/dam-removal-europe

Dam romoval Policy Report
https://www.damremoval.eu/policy-report/

*

Quelle:
EU-News, 20.07.2018
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. August 2018

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang