BUND MAGAZIN - 1/2020
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany
FREISINGER MOOS
Kleiner grosser Schritt
von Severin Zillich
Naturschutz und Klimaschutz gehören zusammen, gerade bei Zielkonflikten wird das gerne betont. Wie eng sie zuweilen verbunden sind, zeigt sich nirgends anschaulicher als in unseren Mooren.
Deutschland hat europaweit nur die siebtgrößte Moorfläche. Doch
damit belasten wir das Weltklima stärker als jedes andere Land auf dem
Kontinent. Weil unsere Moore zu 80 Prozent entwässert werden,
entweichen ihnen riesige Mengen klimaschädlicher Gase - ein
unhaltbarer Zustand in Zeiten der Klimakrise. Zumal naturbelassene
Moore zu den gefährdetsten heimischen Lebensräumen zählen. Im
Freisinger Moos setzt sich der BUND für Natur und Klima ein.
Reste der Vielfalt
Im Nordosten Münchens liegt eine Niedermoorlandschaft, die zweitgrößte
Bayerns. Gut hundert Jahre lang bewirtschafteten die Menschen das
Freisinger Moos extensiv. Reste dieser reichen Kulturlandschaft
überdauerten bis heute: ein Mosaik aus (Streu-)Wiesen, Torfstichen und
Hochstaudenfluren, Gehölzen und Gewässern. Doch mit der fortdauernden
Entwässerung der Torfböden dringt auch hier seit einigen Jahren der
Maisanbau vor.
Zum Schutz der noch großflächigen Wiesen mit ihren typischen Vogelarten hat man zwei europäische Schutzgebiete eingerichtet: das FFH-Gebiet »Moorreste im Freisinger und im Erdinger Moos« auf knapp 500 Hektar; und das Vogelschutzgebiet »Freisinger Moos« auf 1135 Hektar.
CSU bremst EU
Nun bietet das EU-Naturschutzrecht grundsätzlich einen passablen
Hebel, um wertvolle Lebensräume zu sichern. Doch das Land Bayern setzt
dieses Recht nur äußerst schleppend um. Statt für jedes Schutzgebiet
konkrete Ziele zu benennen - wie es zweckmäßig gewesen wäre -, beließ
es die CSU bei einer laschen Sammelverordnung. Umso schlimmer, dass
vielerorts bis heute die vorgeschriebenen Managementpläne fehlen. Das
gilt auch fürs Freisinger Moos.
Um nicht ein weiteres Stück Heimat mit seiner typischen Flora und Fauna verschwinden zu sehen, kaufte und pachtete der BUND in Freising einige der wertvollsten Streuwiesen. Dazu Manfred Drobny, Geschäftsführer der Kreisgruppe: »Seit Jahrzehnten pflegen wir die Perlen dieses Niedermoores. Deshalb blühen hier bis heute Raritäten wie der Schwalbenwurz-Enzian, die Mehlprimel und das Preußische Laserkraut. Und deshalb fliegen hier noch Falter wie die Ameisenbläulinge oder das Wald-Wiesenvögelchen.«
Rinder als Rasenmäher
Zum Schutz dieser artenreichen Feuchtwiesen hat der BUND Freising eine
naturverträgliche Beweidung initiiert. Mit Fleckvieh und
Limousin-Rindern halten die Biobauern Barbara und Lorenz Kratzer seit
bald 30 Jahren den Aufwuchs klein. Das Fleisch der Rinder findet in
der Region reißenden Absatz. Zudem helfen gezielte Mähaktionen der
BUND-Aktiven im Herbst die Streuwiesen offen zu halten.
Davon profitiert auch die Vogelwelt. So brüten im Freisinger Moos noch in größerer Anzahl Brachvögel (bundesweit vom Aussterben bedroht) und Kiebitze (stark gefährdet). Andere Charaktervögel der Feuchtwiesen sind nur noch vereinzelt oder als Wintergäste zu finden, wie Braunkehlchen, Wachtelkönig, Kornweihe oder Bekassine. Dagegen nistet der Weißstorch seit 2018 erfolgreich in einem Horst des BUND am Rande des Mooses.
Mehr Wasser!
Das A und O jeglichen Moorschutzes ist der Wasserstand. Um das
Freisinger Moos langfristig bewahren und in Teilen renaturieren zu
können, muss der Grundwasserstand den natürlichen Verhältnissen
nahekommen. Hoffnungsvoll stimmt Manfred Drobny, dass - nach dem
gewonnenen Volksbegehren zur Artenvielfalt - jede (weitergehende)
Entwässerung von Moorböden in Bayern verboten ist.
Außerdem sollen noch dieses Jahr an zwei Stellen im Moos Gräben angestaut und Wiesen wiedervernässt werden, im Rahmen eines Landesprogramms für den Klimaschutz.
Für den Geschäftsführer hat das Pilotprojekt mit BUND-Beteiligung eine Reihe zusätzlicher Vorteile: »Wir sichern die Versorgung mit Trinkwasser und ein Quellgebiet von Kalt- und Frischluft für das nahe Freising. Wir verbessern den Hochwasserschutz und werten das Moos für die Naherholung auf. Und wir beleben mit der Vernässung das Niedermoor, und zwar so, dass hier eine moorverträgliche Nutzung möglich bleibt, etwa mit Rinderweiden.«
Sollte es gelingen, das Freisinger Moos demnächst weiter zu vernässen, wäre das ein großer Schritt, um die Schätze dieses Lebensraums für die Nachwelt zu erhalten. Und immerhin ein kleiner Schritt, um das Weltklima zu retten.
BOOM MIT SCHATTENSEITE
Im Landkreis Freising wächst die Wirtschaft seit Langem überproportional. Die Kehrseite: Kaum ein Kreis verbraucht bundesweit mehr Fläche. Gewerbe- und Siedlungsgebiete greifen um sich, und dem zunehmenden Verkehr begegnet man mit immer mehr Straßen. Auf dem Rückzug ist dagegen die Landwirtschaft - besonders die kleinen und extensiv wirtschaftenden Höfe verschwinden. In dieser Boomphase steigt auch der Druck auf das Freisinger Moos als wichtigstes Naherholungsgebiet der Region.
Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten
Abbildung der Originalpublikation:
- Das Freisinger Moos mit FFH- und Vogelschutzgebiet liegt im Ballungsraum zwischen München und Freising. Im Osten schließen sich die Isarauen an.
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Quelle:
BUND MAGAZIN 1/2020, Seite 34 - 35
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2020
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