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SCHUTZGEBIET/886: Nationalpark Harz - Besserer Schutz und ein neuer Ausstellungsteil (Nationalpark Harz)


Nationalpark Harz - Pressemitteilung, 30. Oktober 2019

Neue Ausstellung und verbessertes Besucherlenkungssystem auf dem Brocken eröffnet - Natura 2000-Lebensräume und störungsempfindliche Arten werden besser geschützt


Brocken. Das höchstgelegene Nationalpark-Besucherzentrum Brockenhaus bietet seit diesem Wochenende einen neuen Ausstellungsteil, der mit einer Fülle von Darstellungen, Informationen und Effekten auf 170 qm die Besucher des Brockens noch besser informieren und für störungsempfindliche Arten und Lebensräume im Nationalpark Harz sensibilisieren soll. Im Fokus der neuen Ausstellung steht das Erleben und Verstehen. Sie bietet auch Informationen zu den Themen Natura 2000, Waldentwicklung oder Massentourismus auf dem Brocken und wird im Gelände ergänzt durch die Installation eines neuen Beschilderungssystems zur Besucherinformation und -lenkung auf der Brockenkuppe.


Foto: © Mandy Gebara

Neuer Ausstellungsteil im Brockenhaus - Immersive Inszenierung Waldbereich
Foto: © Mandy Gebara

Grußworte zur feierlichen Eröffnung der neuen Nationalpark-Ausstellung und des neuen Besucherlenkungssystems richteten Klaus Rehda, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt und Andreas Pusch, Leiter Nationalparkverwaltung Harz, an die zahlreichen Gäste.


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Ausstellungsteil im Brockenhaus - Übergang zum Geologie-Bereich
Foto: © Mandy Gebara

Besonderheiten der Ausstellung

Ziel der Ausstellung ist es, die Besucherinnen und Besucher für die seltenen störungsempfindlichen Tier- und Pflanzenarten zu sensibilisieren, die im Nationalpark Harz Zuflucht finden und Schutz genießen. Die Vermittlung dieses wichtigen Themas geschieht über Bilder, Töne, räumliche Inszenierungen und interaktive Erlebnissysteme, die für Besucherinnen und Besucher aller Altersstufen gleichermaßen spannend sind. Auf den sprichwörtlichen erhobenen Zeigefinger und weitläufige Textbelehrungen wurde verzichtet.


Foto: © Mandy Gebara

Neuer Ausstellungsteil im Brockenhaus - Multimediales 3D-Modell
Foto: © Mandy Gebara

Das erlebniszentrierte Ausstellungskonzept nutzt inszenierte Räume und anspruchsvolle Szenografien, um den Besucherinnen und Besuchern ein intensives Eintauchen in die angebotenen Themen zu ermöglichen. Das macht den Ausstellungsbesuch zu einem lebendigen Ereignis. Die Informationsvermittlung geschieht dabei ganz nebenbei beim Durchschreiten der Räume und das persönliche emotionale Erleben sorgt für nachhaltige Lerneffekte.

Highlights

Aufwendige Kulissenbauten und der umsichtige Einsatz hochmoderner Medientechnik sorgen für ein spannendes und vielfältiges Ausstellungserlebnis. Ausstellungshöhepunkte werden durch innovative Darstellungssysteme geformt. So dient ein topografisches Weißmodell der Brockenregion als Projektionsfläche für ein breites Spektrum an Informationen von der Entstehungsgeschichte des Harzes über die klimatischen Besonderheiten am Brocken bis zu nationalparkspezifischen Themen wie die verschiedenen Lebensräume, aber auch für Fakten und Anregungen rund um den Besuch des Nationalparks. Im Zusammenspiel mit illustrativen Slide-Shows auf einem großformatigen Monitor und kurzweiligen Sprechertexten, die über Einhandhörer und Multimediaguide aufgenommen werden können, wird für besonders interessierte Besucherinnen und Besucher eine große Informationstiefe angeboten.

Herzstück der Ausstellung ist der in Kulissenbauweise vermittelte Waldwandel im Nationalpark Harz. Hier wird die biologische Komplexität der natürlichen Vorgänge beim allmählichen Wandel vom Fichtenforst zur neuen Wildnis allein schon durch das Erlebnis der aufwendigen Kulissen deutlich. Zusätzliche Videoprojektionen und dreidimensionale Naturgeräusche, die sich nahtlos in die Waldkulisse integrieren, erwecken den Wald im Brockenhaus zum Leben. Und wer darüber hinaus detailliertere Informationen wünscht, bekommt über einen Multimediaguide Texte vorgetragen und kann durch aufgestellte Ferngläser schauen, in denen zu allen wichtigen Aspekten kurze filmische Beträge zu sehen und hören sind.

Spannend sind auch die Video-Panoramen am Ende des Rundgangs. Die drei Lebensräume auf den letzten hundert Höhenmetern des Brockens, d.h. der Brockenurwald und die sogenannte Kampfzone, in der die spärliche Vegetation aufgrund der harten klimatischen Bedingungen ums Überleben kämpft, sowie die waldfreie Brockenkuppe werden in 120°-Video-Panoramen und mit zielgerichtetem 3D-Sound porträtiert. Diese einzigartigen Lebensräume werden in allen vier Jahreszeiten und mit einer Auswahl der dort vorkommenden und zum Teil extrem seltenen Tiere vorgestellt. Auf einer Raumbrücke stehend, befindet sich das Publikum dabei in einer luftigen Höhe von drei Metern und blickt auf die ca. zwölf Meter breiten Panoramaprojektionen. Der erhöhte Betrachtungsstandpunkt der Besucherinnen und Besucher korrespondiert dabei mit der Erhabenheit der dargestellten Landschaften und unterstützt den Eindruck des imposanten Naturausblicks, der sich von Norddeutschlands höchstem Berg aus bietet.

Begleitet werden die medialen Inszenierungen von wandhohen Grafiken, die auf übersichtliche und verständliche Weise die Zusammenhänge und Abläufe in der Natur des Brockens deutlich machen. So können die Besucher zum Beispiel auf einen Blick erkennen, warum hohe Windgeschwindigkeiten und extreme Temperaturen zu der einzigartigen Flora und Fauna auf dem Brocken beitragen.

Ein kleines, aber feines Detail können die Gäste am Ende des Ausstellungsteils entdecken. Etwas versteckt, lohnt der Blick in das Hausmeisterbüro, in dem zwei echte Originale auf humorvolle und manchmal auch deftige Art und Weise ihren Blick auf Brocken und Nationalpark richten und den Zuschauer sympathisch mit einbeziehen.

Barrierefreiheit

Die neue Nationalparkausstellung im Brockenhaus legt einen besonderen Schwerpunkt auf das barrierefreie Erleben für Alle. So wurde durch den Umbau der bisher nur über Treppenstufen zugänglichen Empore ein durchgängiger Rundweg auch für Menschen mit Gehbeeinträchtigungen, Rollstuhl oder Kinderwagen geschaffen. Zahlreiche Inhalte sind neben der visuellen Darstellung auch über Audio-Module an den Exponaten und einen Multimediaguide abrufbar. Dieser Guide bietet zudem die Möglichkeit, die Ausstellung in Englisch, in einfacher Sprache und in einer speziell auf Kinder zugeschnittenen Tour zu erleben. Die Exponate der für mobilitätseingeschränkte Menschen nicht zugänglichen Kuppel des Gebäudes sind ebenfalls im Multimediaguide dargestellt.

Technische Raffinessen

Jeder Themenbereich der Waldkulisse erhielt durch ein mehrkanaliges Sounddesign eine individuelle auditive Atmosphäre, die dynamisch auf Interaktionen der Besucher reagiert. Dank der vollständigen Neuentwicklung eines entsprechenden Audioplayers durch 235 MEDIA kann nicht nur der Ton des 16.2 Ambisonics Surround Systems, sondern zeitgleich auch Licht und Video gesteuert werden.

Als Aussichtsfernrohre gestaltete, softwareseitig modifizierte VR-Brillen dienen als originelles Informationsmedium. Je nach Blickrichtung werden in jedem der vier Aussichtsfernrohre zwei Filme zu den Themenbereichen angeboten, in denen sich die Fernrohre befinden.

Ein neues Leitsystem für den Brocken

Die Konzeption, Planung und Gestaltung eines neuen Leitsystems für den Brocken mitten im Nationalpark Harz war in verschiedener Hinsicht eine besondere Herausforderung.

Die extremen klimatischen Bedingungen und insbesondere die Windstärke auf der Brockenkuppe bringen eine für Deutschland einmalige Belastung aller Bauwerke und auch der Informationsträgerelemente mit sich. Die Planer der Firma eckedesign mussten in Folge der statischen Berechnung durch die Geometrie und besonders stabile Materialien der Beschilderung neue Wege gehen.

In enger Abstimmung zwischen den Gestaltern und der Nationalparkverwaltung wurden die neue Wegeführung und die Informationen der neuen Tafeln am Brocken-Rundweg geplant. Brockenbesucher sollen dadurch zukünftig möglichst viele der nicht immer augenfälligen Besonderheiten der Brockenfauna, der Brockenflora und der Geologie sehen und erleben und einen kompakten Einblick in die außergewöhnliche und oft einmalige Natur der waldfreien Brockenkuppe bekommen.

Neben Informationsvermittlung und Wetterfestigkeit wurde in besonderem Maße auch auf besonders auf gute Wahrnehmbarkeit geachtet. Große, kontrastreiche Schrift und passende Icons sollen die Orientierung auf der Brockenkuppe erleichtern und sind auch bei ungünstigen Wetterbedingungen gut zu lesen. Das auffällig orangefarbene Ende der Masten stellt sicher, dass die Wegweiser und Infotafeln auch bei Nebel, Schnee und schlechter Sicht gefunden werden. Trotz der massiv statisch beanspruchten Trägerelemente wird sich das Leitsystem freundlich-harmonisch, aber natürlich auch mit einer starken Identität in das Umfeld auf der Brockenkuppe einordnen.

Hintergrundinformationen

Naturschutz und Naturerlebnis - die Konflikte und Chancen dieser beiden Aufgaben sind auf dem Brocken sichtbar. Mit seiner starken Besucherfrequenz ist der Brocken ein Brennpunkt der Naturschutzkommunikation im Nationalpark Harz und in Sachsen-Anhalt. Im Nationalpark sind 20 der bestehenden FFH-Lebensraumtypen nachgewiesen, von denen fünf als prioritär zu schützend eingestuft wurden. Die Biotope und Arten rings um den Brocken und insbesondere des Brockens selbst sind den Besuchern zum großen Teil nicht gegenwärtig - ebenso wenig, wie das Schutzgebiet als Teil eines internationalen Netzwerkes. Das Vorhaben nutzt nun die idealen Möglichkeiten, um die Kernaussagen von Natura 2000 anhand direkt vor Ort erlebbarer Naturphänomene zu vermitteln. Hier werden in der Besucherlenkung auf der Brockenkuppe und in der Ausstellung im Brockenhaus Schwerpunkte gesetzt. Das Wissen um Arten, Biotope und das Natura 2000-Netzwerk werden als wichtige Basis für Naturschutz-Akzeptanz auf dem Brocken, einem Ort höchster öffentlicher Aufmerksamkeit, bereitgestellt.

Den Brocken sowie den ihn umgebenden Nationalpark Harz besuchen jährlich rund 1,75 Millionen Menschen. Das Projekt will den Anteil der Besucher erhöhen, die sich einiger geschützter Arten und Biotope bewusst sind und ihr Verhalten angemessen gestalten. Die Flächen der Brockenkuppe mit ihrem Besucherdruck bieten sich dafür an und können gleichzeitig wesentlich davon profitieren. Das Vorhaben integriert zwei miteinander korrespondierende Projekt-Teile im Innen- und Außenbereich: eine Naturschutz-Ausstellung im Brockenhaus und eine Besucherinformation und -lenkung auf der Brockenkuppe.

Kosten und Beteiligte

Die Investitions- und Fördersumme der neuen Einrichtungen beträgt 1.092.169,62 Euro; das Vorhaben wurde im Rahmen des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum des Landes Sachsen-Anhalt 2014 - 2020 (EPLR) aus Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds zur Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und des Landes Sachsen-Anhalt durch das Land Sachsen-Anhalt und durch die Europäische Union finanziert. Projektträgerin war die Nationalparkverwaltung Harz, Kooperationspartner war die Brockenhaus gGmbH.

Eine Fülle von Partnern war am Projekt beteiligt: Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt (bewilligende Behörde), Landesbetrieb Bau- und Liegenschaftsmanagement Sachsen- Anhalt (Betreuung Umbau des Hauses, Barrierefreiheit etc.), Auftragsberatungsstelle Sachsen-Anhalt (Betreuung der Vergabeverfahren und der Fördermittel), Firma toolboxx-media, Magdeburg (Projektkoordination), Firma 235 MEDIA Gesellschaft für Medientechnologie und Kunst mbH, Köln (Ausstellungskonzept und Umsetzung, Schwerpunkt Konzept und Medien), Firma nowakteufelknyrim Design GmbH, Düsseldorf (Ausstellungskonzept und Umsetzung, Schwerpunkt Grafik & Kulisse), Firma eckedesign, Berlin und Potsdam (Konzept und Umsetzung Besucherlenkung im Außenbereich), Firma Tuomi GmbH, Trier (MultiMediaGuide), Firma Müller & Sohn Zimmerei + Bedachungen, Harzgerode (Empore), Firma Natur-Ausstellung, Kirchheim (Pflanzenpräparation in der Ausstellung), Firma Gessing Bau GmbH, Blankenburg (Besucherlenkung: Fundamente + Kernbohrungen), Firma movit GmbH digital publishing, Hardegsen (Filmproduktion "Hausmeister" in der Ausstellung), Harzer Schmalspurbahnen GmbH (Gestattung, Besucherlenkung, Beförderung), Brockenwirt (Kooperation Besucherlenkung, Imbiss).

Das Nationalpark-Besucherzentrum Brockenhaus

Gesellschaftszweck der Brockenhaus GmbH ist die Betreibung des Brockenhauses als Nationalparkhaus und die Betreibung von Informationsstellen im Nationalpark Harz. Die Information der Besucher erfolgt durch eine Ausstellung im Brockenhaus und durch Ausstellungen in den Informationsstellen. Die GmbH firmiert unter dem Dach des Nationalparks Harz. Das Brockenhaus liegt im Gebiet des Grünen Bandes auf dem Brocken. Sie ist gemeinnützig tätig. Das Land hält 64% der Geschäftsanteile, die Stadt Wernigerode 26% und die Harzsparkasse 10 %. Die Gesellschafteranteile der Harzsparkasse sollen nach jetzigem Kenntnisstand von der GmbH selbst übernommen werden. Die Harzsparkasse ist Mitgesellschafter, weil sie 1999 den Kredit zur Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs ausgereicht hatte. Inzwischen ist die GmbH schuldenfrei.

Die Brockenhaus GmbH betreibt das Nationalpark-Besucherzentrum "Brockenhaus". Die Finanzierung erfolgt ausschließlich aus selbsterwirtschafteten Einnahmen und kostendeckend. Zuschüsse des Landes zum Geschäftsbetrieb gibt es nicht. Nach einem witterungsbedingt schwachen Jahr 2017 erwirtschaftet die GmbH 2018 und 2019 wieder deutliche Jahresüberschüsse, die im Betrieb als Rücklagen verbleiben. Die Geschäftstätigkeit hat neben der Betreuung der Ausstellung noch das Betreiben einer kleinen Ausstellungscafeteria sowie eines Souvenir-Shops zum Inhalt. Ferner wird die Gastronomie in den Informationsstellen des Nationalparks Harz am HohneHof und am Scharfenstein sichergestellt. Geschäftsführer: Herr Lampert; Vertretung der Gesellschafter: Frau Franz (MF), Herr Gaffert (Stadt Wernigerode), Herr Schlüter (Harzsparkasse); Aufsichtsrat: Herr Janssen (MULE, Vorsitz), Frau Beckers (MULE), Frau Matschke-Grund (MF), Frau Hullen (Nationalpark Harz), Herr Müller (Stadt Wernigerode), Herr Hamecher (Stadt Wernigerode) und Herr Kirchner (Harzsparkasse).

Die Veranstaltung bot auch die Gelegenheit, auf das Grüne-Band-Gesetz Sachsen-Anhalt hinzuweisen, denn vermutlich wird auch die Brockenhaus GmbH mittelfristig Informationsaufgaben zum Grünen Band übernehmen.

Der Nationalpark Harz

Der Nationalpark Harz ist einer der größten deutschen Waldnationalparke und der erste länderübergreifende Nationalpark Deutschlands. 97% der Nationalparkfläche sind mit Wald bedeckt. Mit nahezu 25.000 Hektar Fläche nimmt er rund 10% der Gesamtfläche des Harzes ein. Mehr als 7.200 Tier- und Pflanzenarten finden hier eine geschützte Zuflucht.

Mitten in einer vielfältigen Berglandschaft thront der 1.141 m hohe Brocken als höchster Punkt des Nationalparks. Der sagenumwobene Berg ist Teil einer herb-romantischen Landschaft, geprägt von dichten Laub- und Nadelwäldern, steilen Bergzügen, Felsen, Klippen, Mooren und Gebirgsbächen. Einmalig in Deutschland: Die natürliche Waldgrenze liegt im Harz bereits bei 1.100 m Höhe. Grund dafür sind die extremen Witterungsverhältnisse in den Hochlagen des Harzes und auf dem Brocken: eisige Kälte, sprühende Nässe und tosender Sturm.

Das extreme Klima prägt die Tier- und Pflanzenwelt. In den kargen Bergheiden, Felsen und Mooren des Harzes haben einzigartige Relikte der Eiszeit überdauert. Pflanzen und Tiere, die sonst nur in kühlen Klimaregionen vorkommen, sind hier zuhause.

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Quelle:
Pressemitteilung, 30.10.2019
Nationalpark Harz
Abt. Presse, Marketing & Regionalentwicklung
Lindenallee 35, 38855 Wernigerode
E-Mail: info@nationalpark-harz.de
Internet: www.nationalpark-harz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2019

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