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SCHUTZGEBIET/899: 16 Jahre Vogelschutzgebiete in Thüringen (NABU TH)


NABU Thüringen - Pressemitteilung, 10.02.2023

16 Jahre Vogelschutzgebiete in Thüringen

NABU Thüringen fordert Fertigstellung der Managementpläne für EU Vogelschutzgebiete


Jena - Am 13. Februar 2007 wurde von der Thüringer Landesregierung beschlossen, 44 Europäische Vogelschutzgebiete nach Brüssel zu melden. Der Freistaat hat damit 230.824 Hektar - etwa 14,3 Prozent der Landesfläche, dem Vogelschutz gewidmet. Die EU-Vogelschutzrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zum Erhalt und zur Wiederherstellung der Lebensstätten und Lebensräume der natürlicherweise hier vorkommenden Vogelarten, einschließlich der Zugvogelarten. Hierzu sollen insbesondere Schutzgebiete eingerichtet sowie durch artenschutzrechtliche Schutzvorschriften eingeführt werden.


Kiebitz im Gras mit drei Küken - Foto: © Thorsten Krüger

Foto: © Thorsten Krüger

Der Verpflichtung Vogelschutzgebiete auszuweisen ist Thüringen nach Ansicht des NABU Thüringen nachgekommen. "Die Vogelschutzrichtlinie bildet eine wichtige Grundlage zum Schutz wildlebender Vogelarten und deren Lebensräume in der Europäische Union und ist eigentlich ein gutes Instrument für den Vogelschutz, wenn sie vollständig und ausreichend umgesetzt ist", sagt Martin Schmidt, der Landesvorsitzende des NABU Thüringen. "Nach 16 Jahren fehlen in Thüringen allerdings immer noch mehrere der dringend notwendigen Managementpläne für die Vogelschutzgebiete."

Kritik an den vorliegenden Managementplänen äußert Tino Sauer, Vogelschutzexperte des NABU Thüringen. Er kennt die Situation in den EU-Vogelschutzgebieten in Thüringen und beobachtet diese von Anfang an. Aus seiner Sicht sind die Datengrundlagen für die wertgebenden Vogelarten, die zur Ableitung der Zielvorgaben für den Artenschutz dienen, teilweise nicht ausreichend. Als Beispiel nennt er das EU-Vogelschutzgebiet Nr. 25 "Mittlerer Thüringer Wald westlich Oberhof": "Hier wurde 2016/17 der Managementplan erstellt und liegt seitdem für das 1037 Hektar umfassende Gebiet vor. Mit nur durchschnittlich sechs Kartierungsgängen zur Beurteilung der Vogelartenvorkommen auf der gesamten Fläche kann aus meiner Sicht kein umfassendes Bild der tatsächlich dort vorkommenden Brutvogelarten getroffen werden. Nur wenige Brutnachweise von wertgebenden Vogelart sind erbracht worden und damit können nur sehr allgemeine bis unpräzise Aussagen für diese Arten und deren Schutz gegeben werden."

Als bedenklich sehen die Naturschützer auch, dass es vielen Vogelarten trotz Europäischer Vogelschutzrichtlinie immer schlechter geht. Vor allem die Vögel der Agrarlandschaft sind in Deutschland und Europa besonders bedroht. Zwischen 1990 und 2013 verschwanden in Deutschland 35 Prozent aller Feldlerchen, 80 Prozent aller Kiebitze und 84 Prozent aller Rebhühner. "Artenschutzmaßnahmen von Landnutzern in Vogelschutzgebieten im Offenland basieren meistens auf Freiwilligkeit. In einer intensiv genutzten Landschaft ohne Blühstreifen und Strukturelemente haben es Vögel auch in Vogelschutzgebieten schwer", sagt Tino Sauer. Aber auch im Wald sieht es laut des NABU-Vogelexperten nicht gerade rosig aus. "Vogelarten wie dem Mittelspecht macht die massive Holznutzung zu schaffen. Er ist vor allem auf rauhborkige Laubbäume wie Eichen und Bergahorn oder sehr alte Buchen angewiesen. Auch die dürfen in Vogelschutzgebieten gefällt werden." In der Praxis müssen laut NABU Thüringen flächendeckend tatsächliche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation für die V ogelwelt erfolgen. Die Managementpläne der EU-Vogelschutzgebiete dürfen nicht nur als Papiertiger in den Schubladen der Behörden liegen. Zudem fordert der NABU eine schnelle Fertigstellung der noch fehlenden Managementpläne.

weitere Informationen:
http://www.NABU-Thueringen.de
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Quelle:
Pressemitteilung, 10.02.2023
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Thüringen
Leutra 15, 07751 Jena
Internet: www.NABU-Thueringen.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 21. Februar 2023

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