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LAIRE/180: Fichtensterben in den USA - Verdacht fällt auf das Herbizid Imprelis von DuPont (SB)


Rückschlag für "innovatives" Unkrautvernichtungsmittel

Massensterben unter Fichten und Kiefern in mehreren US-Bundesstaaten


Das neuartige Unkrautvernichtungsmittel Imprelis von DuPont steht im Verdacht, bestimmte Baumarten zu schädigen [1]. Das Absterben insbesondere von Fichten und Kiefern wird noch untersucht, die Verdachtsmomente haben sich aber schon so weit verdichtet, daß DuPont vorsorglich bestimmte Einschränkungen der Verwendung von Imprelis ausgesprochen hat.

Im vergangenen Jahr erteilte die US-Umweltschutzbehörde EPA dem Herbizid die Zulassung, in diesem Jahr sind viele Grundstückseigentümer in den USA dazu übergegangen, das Mittel einzusetzen, weil sie ihre Rasenfläche von breitblättrigen Unkrautarten, auf die das Mittel "zugeschnitten" ist, freihalten wollten. Imprelis gehört zu der chemischen Unterklasse der Pyrimidin-Carbonsäureester (pyrimidine carboxylic acid). Nach Unternehmensangaben weist es eine geringe Giftigkeit bei Säugetieren auf und übt nur geringen Einfluß auf die Umwelt aus [2]. Das Herbizid wird von den Blättern und den Wurzeln aufgenommen und sowohl über das Xylem als auch das Phloem transportiert; es lagert sich schließlich in meristematischen Bereichen der Pflanze an. DuPont erklärt, daß das Mittel seit 2006 in den Vereinigten Staaten geprüft wurde und dabei mehr als 400 Feldversuchsprotokolle von unabhängigen Forschern und Vertragspartnern durchgeführt wurden.

Ungeachtet der Tests könnte das Mittel für das Baumsterben in mehreren Bundesstaaten verantwortlich sein. Amy Frankmann, Leiterin der Michigan Nursery and Landscape Association, wird von der Website Terradaily [1] mit den Worten zitiert, sie habe seit einem früheren Baumsterben aufgrund des Befalls mit dem Eschenprachtkäfer nicht mehr so schwere Schädigungen an Bäumen gesehen. DuPont-Sprecherin Kate Childress erklärte, daß die Vorfälle ernstgenommen würden und sich das Unternehmen verpflichtet habe, die Umstände des Baumsterbens herauszufinden.

DuPont wirbt auf seiner Website [2] damit, daß Imprelis gegen ein breites Spektrum an breitblättrigen Unkräutern, darunter besonders zähe Arten wie Gundelrebe, Veilchen und Taubnessel, eingesetzt werden kann. Darüber hinaus genügten schon geringe Dosierungen für eine hohe Wirksamkeit. Auch gilt das Mittel als regenfest, was bedeutet, daß es nicht lange auf den Blättern verbleiben muß, um zu wirken.

Beide hier lobend herausgestellten Eigenschaften des Herbizids nähren den Verdacht, daß sich eben daraus eine potentielle Gefährlichkeit des Mittels ableitet. Wenn eine Chemikalie in geringen Dosen und bei nur kurzem Kontakt so sehr wirksam ist, daß selbst relativ widerständige Unkräuter erfolgreich bekämpft werden können, dann verbirgt sich dahinter womöglich ein größeres Vernichtungspotential gegenüber anderen, erwünschten Pflanzenarten, die nicht geschädigt werden sollen.

Es wird also zu untersuchen sein, ob der Herbizidhersteller die Auswirkungen seines Mittels auch an Fichten und Kiefern erprobt hat, und falls ja, ob bei den Tests beispielsweise die Möglichkeit des Auftretens von synergistischen Effekten berücksichtigt wurde. Denn Golfplatzbesitzer, um ein Beispiel zu nehmen, wollen ihren Rasen von sämtlichen Unkrautarten freihalten und dürften abgesehen von Imprelis auch zu anderen chemischen "Kampfstoffen" zwecks Vernichtung des Unkrauts gegriffen haben. Aus dem Zusammenspiel der Chemikalien unterschiedlicher Herkunft könnten sich aber unerwartete Effekte ergeben.

Imprelis sei eine "Innovation", auf die sich das Warten gelohnt habe, bewirbt DuPont recht großspurig sein Mittel. Es handle sich um das "wissenschaftlich fortschrittlichste Herbizid seit mehr als 40 Jahren". Nun, sollten sich die Vermutungen bestätigen, daß Imprelis für den Tod der Fichten und Kiefern verantwortlich oder mitverantwortlich ist, müßte man wohl eher von einem Rück- denn einem Fortschritt sprechen. Aber vielleicht meint das Unternehmen ja, der Fortschritt bestehe darin, daß die Landbesitzer den mit Imprelis kontaminierten Grasschnitt nicht kompostieren sollten. Darauf machte der US-amerikanische Kompostierrat USCC (U.S. Composting Council) aufmerksam [3]. Der entsprechende Warnhinweis befände sich allerdings erst auf Seite 7 der 9seitigen Imprelis-Anleitung und unglücklicherweise lese nicht jeder die Hinweise vollständig, moniert USCC-Direktor Dr. Stuart Buckner.

Im Unterschied zu vielen anderen Herbiziden übersteht Imprelis den Kompostiervorgang und kann anschließend, wenn der Kompost verteilt wird, als Unkrautvernichtungsmittel wirksam sein. Wer also dem Salat in seinem Gemüsegarten oder seinen Blumenrabatten etwas Gutes tun will und verseuchten Kompost ausbringt, könnte ein böses Erwachen erleben.

DuPont selbst hat auf seiner Website ebenfalls einen Warnhinweis veröffentlicht, wonach der Grasschnitt nicht auf dem Kompost landen sollte [2]. Das Unternehmen empfiehlt statt dessen: "Lassen Sie Ihren Grasschnitt auf dem Rasen und gestatten Sie es ihm, sich in den Boden einzuarbeiten. Das hilft, eine wunderschöne, grüne Rasenfläche zu erhalten, und ist ein großartiger Weg, das Recycling zu unterstützen."

So kann man den Umstand, daß man es bei dem kontaminierten Grasschnitt anscheinend mit einer Art Sondermüll zu tun hat, auch beschreiben. Die Inhaltsstoffe von Imprelis haben vielleicht nicht die gleiche Langlebigkeit wie die umweltschädigenden POPs (Persistent organic pollutants), aber bevor in einer Zeit, da weitere Schädigungen durch Herbizide wie Glyphosat bekannt werden, neuartige Herbizid-Klassen in der Umwelt ausbracht werden, sollte man da nicht besser frühzeitig den Riegel vorschieben?

Fußnoten:

[1] "Herbicide implicated in mass tree death", UPI, 10. Juli 2011
http://www.terradaily.com/reports/Herbicide_implicated_in_mass_tree_death_999.html

[2] Imprelis® herbicide, von der DuPont-Website abgerufen am 12. Juli 2011
http://www2.dupont.com/Professional_Products/en_US/Products_and_Services/Imprelis/index.html

[3] "New Herbicide Threatens to Contaminate Compost", US Composting Council, 25. Mai 2011
http://compostingcouncil.org/?news=new-herbicide-threatens-to-contaminate-compost/

12. Juli 2011