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STANDPUNKT/968: 2017 - ein Jahr der umweltpolitischen Achterbahnfahrt (BUND)


Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) - Pressemitteilung vom 21. Dezember 2017

+ + 2017 - ein Jahr der umweltpolitischen Achterbahnfahrt. Zivilgesellschaft gestärkt im Engagement für Klimaschutz und eine bessere Landwirtschaft + +


Berlin: Als eine "umweltpolitische Achterbahnfahrt" bilanziert der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, das Jahr 2017. "Umweltthemen wie Klimawandel und Kohleausstieg, Dieselskandal, Insektensterben und die unlautere Glyphosat-Wiederzulassung sorgten 2017 zwar für viele Schlagzeilen, doch echte Fortschritte blieben aus. Dabei ist der politische Handlungsdruck angesichts der Klimakrise und des Verlusts der Biodiversität größer denn je", sagte Weiger.

Die öffentlichen Debatten im zurückliegenden Jahr wie auch zahlreiche Umfragen und die große Beteiligung an zivilgesellschaftlichen Initiativen wie der Europäischen Bürgerinitiative gegen Glyphosat hätten gezeigt, dass das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung sehr groß sei und weiter wachse. "Umwelt- und Klimaschutz sind keine Nischenthemen mehr. Ökologische und soziale Aspekte sind untrennbar miteinander verbunden, das zeigen unter anderem die Diskussionen um den Ausstieg aus der Kohle, aus der Diesel-Technologie oder aus Glyphosat.

Die politischen Debatten waren 2017 aber oft geprägt von eingefahrenen, kurzsichtigen Blockadehaltungen, gerade bei der Union und der FDP", kritisierte der BUND-Vorsitzende. Dies hätten auch die gescheiterten Jamaika-Verhandlungen deutlich gezeigt. Auch offenbarten die jüngsten Aussagen des früheren SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel mit der implizierten Falschaussage, Umwelt- und Klimaschutz gefährde Industriearbeitsplätze, dass nach wie vor altes Denken in überholten Strukturen den echten Fortschritt blockiere.

Besonders skandalös sei die Untätigkeit der Bundesregierung im Dieselabgasskandal. "Die Bundesregierung versäumt es noch immer, die Verantwortlichen in die Pflicht zu nehmen und wirksame Maßnahmen gegen die teils massiv überhöhten Stickoxid-Grenzwerte zu ergreifen. Die Folge sind gesundheitliche Schäden in der Bevölkerung und wohl auch Fahrverbote. Verpflichtende Nachrüstungen auf Kosten der Hersteller, die Einführung einer Blauen Umweltplakette, der Verkaufsstopp für grenzüberschreitende Diesel-Neuwagen und der Abbau von Dieselsubventionen bleiben die wichtigsten verkehrspolitischen Aufgaben für das neue Jahr", so Weiger.

Die Bundesregierung habe sich 2017 international mit ihrer Untätigkeit beim Abgasskandal wie auch beim Klimaschutz blamiert. "Kurz vor der UN-Klimakonferenz im eigenen Lande räumte die Bundesregierung ein, vom Klimaziel für 2020 weit entfernt zu sein. Noch immer laufen die Kohlekraftwerke auf Hochtouren, während die Bundesregierung beim Erneuerbaren-Ausbau auf die Bremse tritt. Die klimaschädlichen Emissionen aus dem Verkehr sind seit etwa 30 Jahren unverändert hoch. Die künftige Regierung muss mit dem klimapolitischen Stillstand brechen und einen Ausstiegsplan aus der Kohle vorlegen", forderte Weiger.

Auch im Agrarbereich habe das zuständige Landwirtschaftsministerium 2017 Fortschritte verhindert und sich wie gehabt als verlängerter Arm der Agrarindustrie geriert. "Höfesterben, Massentierhaltung, Pestizide und steigende Belastungen des Grundwassers durch überdüngte Böden, die sozialen und ökologischen Probleme im Agrarbereich häufen sich. Die künftige Bundesregierung muss endlich den Schutz der Menschen und der Umwelt vor die finanziellen Interessen der Agrarindustrie stellen. Das Verbot von Ackergiften wie Glyphosat, eine verpflichtende staatliche Haltungskennzeichnung bei tierischen Lebensmitteln und eine ökologische Neuausrichtung der EU-Agrarfördermittel gehören in den Koalitionsvertrag", sagte Weiger. Hierfür werde der BUND auch im Januar 2018 wieder unter dem Motto "Wir haben es satt" in Berlin mit tausenden Unterstützern auf die Straße gehen.

Erfreut zeigte sich der BUND-Vorsitzende über den breiten gesellschaftlichen Rückhalt für umweltpolitische Anliegen wie Klimaschutz und eine bessere Landwirtschaft. "18.000 Menschen demonstrierten im Januar in Berlin für einen ökologischen Umbau der Landwirtschaft, rund 25.000 im Juli in Hamburg für gerechten Welthandel und mehr Klimaschutz und 25.000 im November in Bonn anlässlich der Weltklimakonferenz. Der politische Auftrag ist klar. Die nächste Bundesregierung muss den Kohleausstieg einleiten, die Energiewende voranbringen und umweltschädliche Subventionen in der Landwirtschaft, im Verkehrsbereich und im Stromsektor beenden", forderte Weiger. Dies sei von höchster Bedeutung, um globale Abkommen zu erfüllen, wie auch für den sozialen Frieden und die Glaubwürdigkeit der Politik im eigenen Land. "Die Finanzmittel, die durch den Stopp umweltschädlicher Subventionen frei werden, sind dringend notwendig, um die sozialökologische Transformation gerade in den vom Strukturwandel besonders betroffenen Regionen voranzubringen. Dafür braucht es tragfähige Visionen und Konzepte", so Weiger.

"In einer Zeit, in der in den USA ein industriegelenkter Klimawandelleugner regiert und hierzulande eine rechtspopulistische Partei im Bundestag sitzt, müssen demokratische Politiker mehr denn je sachliche und ehrliche Debatten führen und egoistischen einzelwirtschaftlichen Interessen eine klare Absage erteilen", sagte Weiger. Stattdessen gelte es, die Sorgen der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und an zukunftsfähigen Lösungen zu arbeiten. Weil Umweltprobleme in erster Linie ärmere Schichten der Bevölkerung träfen, sei Umweltschutz auch zunehmend eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, so der BUND-Vorsitzende.

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Quelle:
BUND-Pressedienst, 21.12.2017
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Freunde der Erde Deutschland
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Dezember 2017

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