Gorleben Rundschau - VII-VIII/2018, 40. Jahrgang, Ausgabe 1067
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Die Gorleben-Brille
Ohne sofortige Einmischung wird ein Endlager im Wendland wahrscheinlicher
von Wolfgang Ehmke
Gorleben
Die Endlagersuche beginnt mit dem Sammeln von Daten, wie sie das
Standortauswahlgesetz (StandAG) vorgibt: Zuerst werden
Ausschlussgebiete identifiziert, dann die Mindestanforderungen an ein
tiefengeologisches Endlager formuliert, bis es dann in etwa zwei
Jahren wirklich wieder spannend wird, weil dann mögliche
Standortregionen für eine übertägige Untersuchung ausgewiesen werden.
Wolfgang Ehmke fragt: Soll und kann man bis dahin also die Beine
hochlegen? Oder beginnt "Transparenz" schon "ab sofort"?
Bisher haben auf Bitten der Bundesgesellschaft für Endlagerung
(BGE) 65 Behörden 600.000 Datensätze geliefert, auf den ersten Blick
scheint das immens! Die meisten Daten sind Bohrungen, und die
Wissenslücken sind weiterhin riesengroß, weil die Daten von Firmen,
die nach Gas oder Erdöl gebohrt haben, nicht erfasst werden konnten.
Dazu braucht es ein "Geowissenschaftsdatengesetz", das in der letzten
Legislaturperiode des Deutschen Bundestages schon vorbereitet wurde.
Doch bisher ist die Verabschiedung eines derartigen Gesetzes nicht in
Sicht und das hat natürlich zur Folge, dass niemand mehr davon
ausgeht, dass tatsächlich 2020 prospektive Endlagerregionen
ausgewiesen werden.
Zwei wichtige Gründe gibt es, sich sofort um diese Vorgänge zu kümmern und sich einzumischen.
Der eine Grund liegt darin begründet, dass das StandAG in der Phase der Sammlung von Geo-Daten keine Mitwirkung der Zivilgesellschaft vorsieht, allein geologische Landesämter, die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und zur Not noch wissenschaftliche Einrichtungen sind befugt, ihr Wissen zusammenzutragen. Bei dem Versuch, auf Tiefbohrungen im Raum Gorleben zu verweisen, die aus der Zeit des Kalifiebers stammen, biss die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg bisher auf Granit (oder Ton oder Salz). Dabei wurden dort acht Tiefbohrungen niedergebracht und davon drei nicht oder unsachgemäß verschlossen. Das Kartenmaterial liegt vor. 150 hydrogeologische Bohrungen durchlöcherten das Deckgebirge in den 60er Jahren, als nach Süßwasserreservoiren für den Raum Hamburg gesucht wurde, einige Bohrungen gingen bis zu 600 Meter tief und damit bis in den Salzstock. Auf der anderen Elbseite wurde zu DDR-Zeiten nach Gas gesucht, auch diese Tiefbohrungen reichten in den Salzstock Gorleben-Rambow hinein. Der Salzstock ist also alles andere als "unverritzt".
Die Wissenslücken sind weiter riesengroß
Der zweite Aspekt bezieht sich auf die Behauptung, dass das StandAG endlich ein faires, wissenschaftsbasiertes Suchverfahren ermögliche. Verschwiegen wird dabei, dass die Mindestanforderungen und Ausschlusskriterien politisch ausgehandelt wurden, sie sind vornehmlich ein politischer Kompromiss, der darauf zielte, Gorleben im Spiel zu halten. Denn ein wasserdurchlässiges Deckgebirge ist demnach kein Ausschlusskriterium, und von glazialen Ereignissen, von denen künftig weite Teile Norddeutschland betroffen sein werden, liest man nur am Rande.
Immerhin fanden am Ende der Tagung "Atommüll-Lager: Die große Suche ..." der Evangelischen Akademie in Loccum drei Männer zueinander: Stefan Birkner (FDP), Stephan Wenzel (Grüne) und Frank Doods (SPD). Alle drei sind oder waren niedersächsische Umweltstaatssekretäre beziehungsweise -minister, und sie versprachen, sich zusammenzusetzen und auszuloten, wie eine aktive niedersächsische Rolle bei der Endlagersuche aussehen kann.
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Quelle:
Gorleben Rundschau - Juli/August 2018, Seite 13
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
Rosenstr. 20, 29439 Lüchow
Tel. 05841/46 84
E-Mail: redaktion@gorleben-rundschau.de
Internet: www.gorleben-rundschau.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 3. August 2018
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