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STELLUNGNAHME/275: Angelverbote in Meeresschutzgebieten sinnvoll (NABU SH)


NABU Landesverband Schleswig-Holstein - 7. März 2016

Angelverbote in Meeresschutzgebieten sinnvoll

Fragwürdige Argumentation von SPD, Umwelt- und Wirtschaftsminister in der Frage der AWZ-Naturschutzgebietsverordnungen


Neumünster, 7. März 2016: Mit deutlicher Kritik reagiert der NABU auf negative Äußerungen der SPD, von Umweltminister Habeck sowie Wirtschaftsminister Meyer auf die Vorschläge der Bundesregierung, in den acht bereits im Jahr 2004 gemeldeten FFH-Gebieten in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Bundesrepublik u.a. das Hobby-Angeln zu verbieten. Zwar seien die Vorschläge der Bundesregierung selbst kaum geeignet, diese wichtigen Gebiete zu sichern. Doch wäre ein Verbot der Freizeit-Angelei angesichts ihrer offensichtlichen Umweltauswirkungen naturschutzfachlich sinnvoll.

Juristisch fragwürdig und in der naturschutzpolitischen Stoßrichtung kontraproduktiv ist nach Ansicht des NABU der Vorstoß der SPD, die Freizeit-Angelei von vornherein aus wirtschaftlich-touristischen Gründen von umweltrechtlichen Regelungen auszunehmen. In den Jahren 2005 bis 2010 entnahmen nach Aussage des Thünen-Instituts für Ostseefischerei (TI) Freizeitangler mit 2.160 bis 4.127 Tonnen Dorsch bis zu 70 Prozent der jährlichen Anlandemengen der deutschen Berufsfischerei. Das entspricht 1,8 bis 3,7 Millionen Dorsche, die weitgehend unreguliert gefischt und vom Fischereimanagement nicht erfasst werden. "Die Entnahme der Hobby-Angler wird bei der Berechnung und Vergabe der jährlichen Fangquoten nicht berücksichtigt. Die Freizeit-Fischerei wirkt sich durchaus ökologisch auf die Lebensgemeinschaften in Riffen aus und steht einer Erholung der Fischbestände entgegen," stellt der NABU-Landesvorsitzende Hermann Schultz fest.

Umweltminister Habeck und Wirtschaftsminister Reinhard Meyer hatten sich jüngst ablehnend zu den geplanten Angelverboten geäußert, die ein Entwurf der Bundesregierung für die AWZ-Schutzgebietsverordnungen vorsieht. Bei einer pauschalen Ablehnung wird jedoch ignoriert, dass heute Dutzende hochmotorisierter Sportboote das sogenannte Trollingfischen betreiben und gleich mehrere Schleppangeln hinter sich herziehen. So werden nicht nur große Mengen Fisch gefangen, sondern auch sensible Schweinswale und Seevögel aus den Schutzgebieten vertrieben und dort gestört. "Das Trolling ist nur schwer mit den Schutzgebietszielen vereinbar. Hier sollte die Politik nicht die Augen verschließen, sondern sich differenziert mit den Auswirkungen der Freizeitfischerei auseinandersetzen", so Schultz weiter.

Abenteuerlich sei die Behauptung der SPD, einen verbesserten Schutz von Naturschutzgebieten dann als unnötig zu bewerten, wenn in deren Nähe bereits ein großer Eingriff - im konkreten Fall der Bau der festen Fehmarnbeltquerung - geplant sei. "Die SPD ist eher gehalten, dieser bei Fischerei und im Tourismus verbreiteten Ansicht entgegen zu treten", so Schultz. Zukünftig würde nämlich so auch die Argumentation befördert, überall in der Nähe von großen Eingriffen in Natur und Landschaft auch Eingriffe in die sich dort in der Nähe befindlichen Schutzgebiete als zulässig zu bewerten. Das Gegenteil sei der Fall: Wenn ein großer Eingriff stattgefunden habe, müsse gerade der Schutz der nahe liegenden, wichtigen Gebieten des Naturerbes sicher gestellt und ggf. deutlich verbessert werden.

Ungeachtet der Auseinandersetzung um die Freizeitfischerei äußern die deutschen Umweltverbände scharfe Kritik an den Plänen der Bundesregierung. Mit den Verordnungen sollen die Natura-2000-Gebiete in der deutschen "Ausschließlichen Wirtschaftszone" (AWZ) elf Jahre nach ihrer Ausweisung den rechtlichen Status von Naturschutzgebieten erhalten. Die Entwürfe sind jedoch fachlich und rechtlich ungenügend. Sie lassen die massive Übernutzung der Meere weiterhin zu und ignorieren die naturschutzfachlichen Notwendigkeiten. Vor allem aber werden sie den Verpflichtungen des EU-Umweltrechts nicht gerecht.

Im Internet zu finden unter www.NABU-SH.de

Stellungnahme der deutschen Umweltverbände zu den Schutzgebietsverordnungen in der AWZ:
https://www.nabu.de/news/2016/02/20328.html

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Quelle:
Presseinformation, 07.03.2016
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Schleswig-Holstein
Färberstr. 51, 24534 Neumünster
Tel.: 04321/53734, Fax: 04321/59 81
E-mail: info@NABU-SH.de
Internet: www.NABU-SH.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2016

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