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KLIMA/326: Wucht des Wirbelsturms "Nargis" bestätigt Klimamodelle (SB)


Naturkatastrophe in Myanmar

Klammheimliche Freude bei den Gegnern der Militärregierung?


Nachdem am vergangenen Samstag ein verheerender Wirbelsturm über das asiatische Land Myanmar hinweggezogen ist, wurden Rufe laut, denen zufolge die Reaktion der Militärregierung viel zu spät kam. Außerdem wurde vor allem seitens europäischer und amerikanischer Politiker moniert, daß Myanmar anfangs internationale Hilfe abgelehnt hat.

Die Naturkatastrophe an sich und ihre Rezeption in der hiesigen Öffentlichkeit sind zwei Aspekte, wie sie typisch für den weiteren Verlauf des gegenwärtigen Klimawandels sein dürften. Zum einen rechnen Wissenschaftler mit einem vermehrten Auftreten besonders kräftiger Wirbelstürme, die ihre Energie und damit Durchschlagskraft aus den tropisch warmen Meeren erhalten. Der Wirbelsturm "Nargis" fiel am vergangenen Wochenende mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 Stundenkilometern in Myanmar ein und hat im Delta des Irrawaddy-Flusses eine schätzungsweise 3,50 Meter hohe Flutwelle ausgelöst. Dadurch wurden ganze Dörfer dem Erdboden gleichgemacht, und nach Angaben des myanmarischen Ministers für Katastrophenschutz, Maung Maung Swe, hat die Flutwelle mehr Opfer gefordert als der eigentliche Wirbelsturm.

Rund 5000 Quadratkilometer sind in der Flußmündung noch immer überschwemmt. Die Zahl der Opfer steigt stündlich, nach Angaben der Regierung Myanmars von Dienstag gab es bis dahin 22.464 Tote und 41.054 Vermißte. Bis zu eine Million Menschen wurden obdachlos.

Kein seriöser Wissenschaftler würde behaupten, daß der Wirbelsturm ein Beweis für den Klimawandel ist. Denn statistisch gesehen handelt es sich um ein Einzelereignis. Dennoch bleibt festzustellen, daß laut den Computersimulationen über die künftige Klimaentwicklung genau solche Ereignisse zu erwarten sind. Nicht nur die Wucht der Wirbelstürme wird zunehmen, auch die Opferzahlen und Schäden, die sie verursachen, werden steigen. Denn das Bevölkerungswachstum bringt es zwangsläufig mit sich, daß mehr Menschen in küstennahen oder anderen gefährdeten Gebieten wie Berghängen siedeln. Darüber hinaus sorgt das Wirtschaftswachstum und die infrastrukturelle Entwicklung alter und neuer Siedlungsräume dafür, daß die wirtschaftlichen Schäden im Falle einer Naturkatastrophe entsprechend anwachsen.

Ein zweiter Aspekt des Klimawandels besteht in dem Versuch mancher Staaten, ein Unglück politisch zu instrumentalisieren. Ohne im geringsten der Militärjunta in Myanmar das Wort reden zu wollen, fällt doch auf, daß hiesige Politiker und Journalisten die Gelegenheit nutzen, um die Regierung Myanmars in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen oder gar die Notwendigkeit eines "regime change" anzudeuten.

So hat sich der französische Außenminister Bernard Kouchner am Dienstag in Paris mit der Behauptung hervorgetan, daß die Regierung in Rangun keine Helfer ins Land läßt. "Sie haben unsere Direkthilfe nicht akzeptiert, und sie haben das Hilfspersonal nicht akzeptiert, das wir ihnen angeboten haben", sagte Kouchner. Internationale Hilfe werde von der Militärjunta nur in dem Maße angenommen, wie sie diese kontrollieren und verteilen könne. Das gebe der internationalen Gemeinschaft kein Vertrauen, versuchte der für seine interventionistische Attitüden bekannte Politiker Druck auf Rangun auszuüben. Seine Anwürfe gingen einher mit der lächerlich geringen Hilfszusage Frankreichs in Höhe von 200.000 Euro für die Opfer der Wirbelsturmkatastrophe.

Zwar trifft es zu, daß sich die Militärregierung anfangs gegen die unkontrollierte Einreise ausländischer Hilfskräfte gewehrt hat, aber erstens wurden die Visabestimmungen angesichts des Ausmaßes der Katastrophe längst deutlich gelockert, zweitens dürfen sich die Rettungshelfer teilweise frei im Land bewegen und drittens gebietet es die Vernunft, wenn eine Regierung, die in der Regel über den effektivsten Verwaltungsapparat verfügt, bei der Behebung einer nationalen Katastrophe die Zügel in der Hand behalten will.

Die Erfahrung aus anderen Ländern hat gelehrt, daß jede der zahlreichen internationalen Hilfsorganisationen, die für gewöhnlich in ein Katastrophengebiet reisen, ihr eigenes Süppchen kocht. Dabei stehen sich die Hilfskräfte in manchen Regionen gegenseitig auf den Füßen, während andere Regionen überhaupt keine Hilfe erhalten. Schäden, wie sie jetzt in Myanmar auftreten, sind so gewaltig, daß auf eine zentrale Stelle, von der aus die Hilfe delegiert wird, auf keinen Fall verzichtet werden kann. Wer wäre dafür besser geeignet als die Regierung?

Daß dabei ausgerechnet einem Militärapparat zugearbeitet wird, der die Bevölkerung jahrzehntelang unterdrückt hat, ist sicherlich ein unangenehmer Aspekt, doch sollte er hintenangestellt werden. Vorwürfe, wie sie Kouchner in Richtung des Katastrophengebiets ventilierte, können nur auf Widerstand bei den örtlichen Machthabern stoßen und ihren Verdacht nähren, daß der Westen die Notlage ausnutzen möchte, um an politischen Einfluß zu gewinnen.

7. Mai 2008