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KLIMA/368: US-Umweltschutzbehörde nennt CO2 gesundheitsgefährdend (SB)


Trendwende in US-Klimaschutzpolitik?

Die von den USA reklamierte Weltführerschaft im Klimaschutz könnte in ein ökodiktatorisches Regime münden


Treibhausgase sind potentiell schädlich für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Öffentlichkeit, erklärte die US-Umweltschutzbehörde EPA am Freitag. Deshalb sollte der Gesetzgeber im Rahmen des Clean Air Acts (Luftreinhaltegesetz) konkrete Obergrenzen für die Emissionen von Kohlendioxid und fünf weiteren klimaschädlichen Gasen erlassen.

Das Oberste Gericht der USA hatte zwar bereits 2007 entschieden, daß jene Treibhausgase unter die Bestimmungen des Luftreinhaltegesetzes fallen. Dennoch gilt die aktuelle Erklärung der EPA als die eigentliche, fast schon historisch zu nennende Trendwende in der US-Klimaschutzpolitik. Die von Lisa Jackson geleitete EPA knüpft damit an die Erklärung von US-Präsident Barack Obama an, der Klimaschutz zur Priorität seiner Amtszeit erklärt hat. Mehr noch, er hat sogar einen weltweiten Führungsanspruch in Sachen Klimaschutz angemeldet.

Umweltgruppen innerhalb wie außerhalb der Vereinigten Staaten richten nach einer achtjährigen Durststrecke aufgrund der industriefreundlichen Klimaschutzpolitik der Bush-Administration nun große Hoffnungen auf Obama, und der scheint die in ihn gesteckten Erwartungen erfüllen zu wollen. Schon ist die Rede davon, daß sich die USA am Emissionshandel beteiligen, spritsparende oder Elektroautos fördern und die Abhängigkeit vom Erdöl reduzieren wollen. Nun die fast schon frohe Botschaft der EPA: Treibhausgase sind gesundheitsschädlich!

Im folgenden soll jedoch die These diskutiert werden, ob nicht Obama die Klimaschutzpolitik der Vorgängerregierung auf ähnliche Weise fortsetzt wie er auch das imperialistische Projekt der USA fortsetzt. Dafür spricht, daß unter dem ehemaligen Senator aus Chicago die tödlichen Attacken von flugfähigen Kampfrobotern auf Dörfer in Pakistan intensiviert wurden. Das heißt, die USA liquidieren willkürlich Menschen, mißachten dabei sämtliche Menschenrechte und müßten eigentlich vor ein Weltgericht, das seinen Namen nur verdiente, wenn es nicht zwischen "guten" und "bösen" Staaten unterscheidet, gestellt werden. Dem noch nicht genug, hat Obama den Folterknechten von der CIA einen Freifahrtschein ausgestellt, als er erklärte, daß sie wegen ihrer Taten nicht strafrechtlich belangt werden sollen. Ganz zu schweigen von Bush, Rumsfeld, Cheney und Co, die straffrei bleiben, obgleich sie unter einem bis heute ungenügend geklärten Vorwand einen Globalen Krieg gegen den Terror vom Zaun gebrochen und zwei Kriege begonnen haben - extralegale Hinrichtungen von Menschen in Somalia und Pakistan inklusive.

Wenn man also nach eingehender Analyse der ersten Monate der neuen US-Regierung feststellen muß, daß das Wahlkampf-Mantra vom "Wechsel" einer Wendejacke gleicht, bei der lediglich innen und außen vertauscht werden, die Substanz jedoch bleibt, dann muß man sich fragen, was die neue Regierung in Sachen Klimaschutz vorhat. Ein Bemessungskriterium für die US-Regierung könnte lauten, was ihr das Leben eines Menschen wert ist. Die obigen Beispiele der Kriegsausdehnung beweisen, daß unter Obama die menschenverachtende bis -vernichtende Politik fortgesetzt, teils sogar ausgebaut wird.

Kommen wir nun zum Klimaschutz. Unter der begründeten Annahme, daß die USA weiterhin imperialistisch agieren und neuerdings lediglich die Europäer stärker einbinden wollen, um das immer gleiche Ziel der Konsolidierung ihrer globalen Vorherrschaft zu verfolgen, muß man vermuten, daß sämtliche Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen diesem Ziel nicht etwa nachgeordnet werden - das wäre noch harmlos -, sondern daß sie nichts anderes als politische Instrumente sein werden, um jenes grundlegende Ziel zu verfolgen.

Typischerweise soll der Kohlenstoffzertifikathandel eine zentrale Bedeutung erhalten. So wie er gegenwärtig betrieben wird, gilt er selbst bei Anhängern dieser Idee als unzureichend und weitgehend wirkungslos. Mittels bestimmter Mechanismen können sich Staaten von der Verpflichtung zur Kohlendioxidreduzierung freikaufen, indem sie in saubere Technologien in Entwicklungs- oder Schwellenländern investieren. Oder sie kaufen Klimaschutzzertifikate von osteuropäischen Staaten, die aufgrund des Zusammenbruchs ihrer Industrie im vergangenen Jahrzehnt Nutzungsrechte nicht selber beanspruchen müssen und somit abtreten können. Das sind alles höchst problematische Vereinbarungen, weil die kapitalstarken Länder mit ihren Investitionen auch Verfügungsrechte in den Ländern des Südens erkaufen. Diese werden neuen Formen von Zwängen unterworfen, wenn sie zum Beispiel ein Stück Wald nicht mehr roden dürfen, weil dessen Aufforstung Bestandteil einer Klimavereinbarung ist.

Mit den Klimaschutzmaßnahmen wurde etwas zumindest partiell und indirekt mit einem Wert belegt, das bislang vollkommen frei verfügbar war, die Atemluft. Boden, Wasser, Pflanzen, Tiere, sie alle werden längst als Eigentum ausgewiesen, da ihre Nutzung Menschen vorenthalten werden kann. Mit der Luft geht das noch nicht. Das liegt vor allem daran, daß ein Mangel an Luft zum raschen Tod eines Menschen führen wird. Damit erweist sich Luft als ungeeignetes Mittel zum Ausbau von Herrschaft. Es ist technisch noch nicht machbar, die Luft zu teilen, so wie Boden in Parzellen unterteilt, ein Wald umzäunt und Wasser zum Eigentum erklärt und der allgemeinen Verfügbarkeit entzogen werden kann.

Durch die Klimaschutzmaßnahmen und den Handel mit Kohlendioxidzertifikaten wird jedoch ein Teil der Luft handelbar. Obgleich Treibhausgase wie Kohlendioxid nicht einmal ein halbes Prozent an der Luft ausmachen, hat die Erfassung der Kohlenstoffwege bereits weitreichende Konsequenzen. Es werden zur Zeit ausufernde Datenmengen über Stoffwege, den Verbrauch von Energie und die Produktion von Abgasen auf geographisch engstem Raum erfaßt. Dabei werden Informationen generiert, die einem totalitären Regime dazu dienen könnten, die Bevölkerung auf bislang unerreichte Weise Zwängen des Wohlverhaltens zu unterwerfen.

Wenn man sich die Internetseite der EPA anschaut, sieht man strahlende Kinder, eine blühende Wiese, lächelnde Menschen und Rubriken wie, was ein jeder zum Klimaschutz beitragen kann. Diese Rubrik ist sogar ausgesprochen lang und ist vom Tenor so gehalten, daß die Sparmaßnahmen von Strom und Wasser als Vorschläge formuliert sind. Wie lange noch? Angesichts der Endlichkeit von Energieträgern wie Erdöl, Uran und Erdgas, aber auch angesichts des knappen Süßwassers und der Nahrung könnte sich eine Empfehlung leicht in eine Verpflichtung und freiwilliger Klimaschutz in ein ökodiktatorisches Repressionssystem wandeln. Die staatlichen Instrumente für solch einen Schritt liegen längst vor, das zeigen die Notverordnungen beispielsweise von Kalifornien zum Energie- und Wassersparen aus den letzten Jahren.

Nun soll hier keineswegs ein Plädoyer für hemmungslosen Verbrauch gehalten werden. Es geht auch nicht darum, dem Klimawandel tatenlos zuzuschauen. Doch zeigt sich, und das mit zunehmender Deutlichkeit, daß bisherige Klimaschutzmaßnahmen den sozialen Unterschied nicht aufheben, sondern ihn bestätigen, wenn nicht gar vertiefen. Wenn nun die vielbejubelte neue US-Regierung Weltführerschaft in Sachen Klimaschutz reklamiert, liest sich dies umgekehrt als Ankündigung, den sozialen Unterschied auch auf diese Weise befestigen zu wollen.

Solange die vorherrschende Eigentumsordnung nicht fundamental in Frage gestellt wird, werden Klimaschutzmaßnahmen zwangsläufig systemstabilisierend wirken. Die Frage des Klimaschutzes ist mit der sozialen Frage fest verbunden. Sie sollte ihr sogar nachgeordnet sein. Nur so ließe sich vermeiden, daß der Kampf gegen die Naturkräfte zur neue Bedrohung der Menschheit stilisiert und zur fortgesetzten und vertieften Befestigung der Herrschaft des Menschen über den Menschen gebraucht wird.

19. April 2009