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KLIMA/679: CO2 - gefährlicher Mythos ... (SB)



In den USA werden chemische Behandlungsverfahren von Kohle, die umweltfreundlicher gemacht werden soll, hochsubventioniert. Doch aus der Verbrennung der Kohle entstehen nicht weniger, sondern mehr Stickoxide und andere Luftschadstoffe. Darüber hinaus kontaminieren die verwendeten Chemikalien, die krebserregend sind, schon mal die Gewässer in der Umgebung der Anlagen. Einige von ihnen wurden wegen solcher Umweltschäden inzwischen wieder auf unbehandelte Kohle umgestellt. Vom Regen in die Traufe und von der Traufe zurück in den Regen.

"Saubere Kohle" ist ein Märchen, das auch bei den laufenden UN-Klimaverhandlungen in Katowice gerne erzählt wird, um eine Industrie zu retten, die Profite einstreicht, während durch sie und ihre Sachwalter in Politik und Gesellschaft die globale Erwärmung und damit die Vernichtung der Lebensvoraussetzungen vieler Menschen, Tiere und Pflanzen vorangetrieben wird. Stammt das obige Beispiel auch aus den USA, so sieht es in anderen Ländern nicht besser aus.

Die Nachrichtenagentur Reuters [1] hat sich einmal dahintergeklemmt und gefragt, was es denn nun mit der vorgeblich sauberen, veredelten Kohle auf sich hat. Das Ergebnis fiel ernüchternd aus. Beispielsweise stellte der Energiekonzern Duke Energy Corp. im August 2012 zwei seiner Kohlekraftwerke im US-Bundesstaat North Carolina auf "saubere" Kohle um, die chemisch mit Bromiden behandelt worden war. Dadurch sollten beim Verbrennen weniger Stickoxide, dem Hauptbestandteil von Smog und saurem Regen, und andere Luftschadstoffe entstehen.

Knapp drei Jahre später, im Mai 2015, hat der Energiekonzern keine solche Kohle mehr verfeuert. Das Unternehmen begründet seinen Schritt damit, daß Calciumbromid, eines der chemischen Behandlungsmittel der Kohle, in nahegelegenen Gewässern und Seen, aus denen Trinkwasser gewonnen wird, nachgewiesen worden war. Damit hatte sich das Krebsrisiko von über einer Million Menschen in Charlotte und Umgebung erhöht. Einige Monate nach dem Rückzug der "sauberen" Kohle ging die Bromidbelastung in den Gewässern der Region drastisch zurück.

Innerhalb dieses Zeitraums hat Duke Energy mehrere Millionen Dollar an Subventionen der Bundesregierung eingestrichen. Allerdings hätten die Kraftwerke gar nicht weniger, sondern mehr Stickoxide emittiert, berichtete Reuters, die sich auf Daten der US-Umweltschutzbehörde EPA beruft. Beispielsweise hat das Kohlekraftwerk Marshall Steam Station in Sherrills Ford, North Carolina, in jener Zeit, als es "saubere" Kohle verbrannte, zwischen 33 und 76 Prozent mehr Stickoxide ausgestoßen als 2011.

Die Subventionierung "sauberer", veredelter Kohle war 2004 als Bestandteil des American Jobs Creation Act unter Präsident Georg W. Bush jun. mit einer Laufzeit bis 2021 beschlossen worden. Der heutige US-Präsident, Donald Trump, pflegt Kohle als "sauber" und "wunderschön" zu bezeichnen. Im vergangenen Jahr hat er eine Clean-Coal-Initiative gestartet, um jene Staaten zusammenzubringen, die Kohle für den Energieträger der Zukunft und den Klimaschutz für eine Erfindung der Chinesen halten ...

In den USA werden in diesem Jahr voraussichtlich um die 160 Millionen Tonnen "saubere" Kohle verbrannt. Das entspricht einem Fünftel der gesamten Kohleverstromung der Vereinigten Staaten. Bei einer Steuererleichterung von 7,03 Dollar pro Tonne kommen so mehr als eine Milliarde Dollar an Subventionen für "saubere" Kohle zusammen.

Reuters zufolge haben im vergangenen Jahr 56 US-Kraftwerke "saubere" Kohle verbrannt. 22 der 56 Kohlekraftwerke wiesen 2017 höhere Stickoxidemissionen auf als 2009. Nur bei 18 von ihnen war der Stickoxidgehalt um mehr als 20 Prozent gesunken, und bei 15 dieser 18 Kraftwerke trat der Effekt erst zu einem Zeitpunkt ein, nachdem technische Verbesserungen vorgenommen worden waren. Deshalb stellt sich die Frage, ob der positive Effekt auf die behandelte Kohle oder auf die Modifikation zurückging.

Im Unterschied zu Stickoxiden konnte die Menge an Quecksilber aus den Abgasen der Kohlekraftwerke durch die Verwendung von "sauberer" Kohle sowie weitere technische Maßnahmen, wie vom Gesetzgeber gefordert, verbessert werden. Mit einer 75prozentigen Quecksilberreduktion wurde sogar die gesetzliche Vorgabe einer 40prozentigen Minderung deutlich übertroffen. Was nicht bedeutet, daß Kohlekraftwerke überhaupt kein Quecksilber mehr an die Umwelt abgeben. Man reduziert hier von einem hohen Niveau aus.

Die Bromide werden auch dafür verwendet, den Quecksilbergehalt zu verringern. Dabei entstehen nicht nur, wie oben erwähnt, Gefahren für die Trinkwasserversorgung, sondern es werden auch große Mengen an Sondermüll produziert, der nun extra "entsorgt" werden muß. Das zählt zu den für "saubere" Kohlekraftwerke notwendigen vor- und nachgelagerten Prozessen und müßte ebenso in einer Umweltbilanz berücksichtigt werden wie die Entsorgung gewaltiger Mengen an Asche, die toxische Substanzen wie Uran, Quecksilber, Blei, Cadmium, Arsen enthält.

Abgesehen von der chemischen Veredelung der Kohle erweist sich noch ein weiteres Konzept, das unter dem Label "Clean Coal" gepriesen wird und bei dem die Kohlenstoffdioxidemissionen aus der Abluft der Kohlekraftwerke abgefangen, verflüssigt und gelagert werden (CCS-Verfahren), als Bestandteil eines gefährlichen Mythos. Der energetische Aufwand nimmt zu, um die Folgen des Energieaufwands zu kompensieren. Wie war das noch mit Goethes Zauberlehrling ...?

Der heutigen Generation, die an den Schalthebeln der Macht sitzt, bleiben nur noch wenige Jahre, um eine Welt zu hinterlassen, die einigermaßen enkeltauglich ist. Kohlekraftwerke, mit welchem Feigenblatt auch immer ihnen ein grüner Touch verliehen werden soll, gehören nicht dazu.


Fußnote:

[1] https://www.reuters.com/investigates/special-report/usa-coal-pollution/

7. Dezember 2018


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