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DEBATTE/005: Berlin - Wasser muß "Stadtgespräch" werden (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 154 - Februar/März 2010
Die Berliner Umweltzeitung

Wasser muss "Stadtgespräch" werden

Neue Veranstaltungsreihe soll bürgerschaftliche Debatten zum Thema "Wasser" beleben

Von Hartwig Berger und Stefan Richter


Wasser - und der Umgang mit Wasser - prägt Berlin. 6 Prozent der Stadtfläche sind von Seen oder Flüssen bedeckt. Es gelingt der Stadt bis heute, ihren gesamten Trinkwasserbedarf aus dem eigenen Territorium zu decken. Die Expansion Berlins zur Metropole ab Mitte des 19. Jahrhunderts wäre gescheitert, hätten damals nicht vorausschauende Akteure wie Hobrecht und Virchow ein System der Abwasserentsorgung eingeführt, welches mit seinem weit verzweigten Kanalnetz und mit den landwirtschaftlich genutzten Rieselfeldern für das damalige Europa wegweisend war.

Berlins Umgang mit dem Wasser hat aber auch Schattenseiten und Problemfelder. So ist das Einzugsgebiet der Spree, dem wichtigsten Zufluss, von jahrzehntelanger und weiter anhaltender Braunkohleförderung in der Lausitz verwüstet und geschädigt. In naher Zukunft wird der Fluss daher immer weniger Wasser in die Uferfiltrate der Trinkwasserbrunnen Berlins leiten; Wasser, welches zudem mit sulfathaltigen Rückständen der Braunkohlereviere das größte Wasserwerk in Friedrichshagen ernsthaft gefährdet.

Hinzu kommt die Schädigung wertvoller Feuchtgebiete durch die Wasserförderung. Die meisten der Moore und Luchs, der Fenns und Laaken, denen Berlins Wälder ihre Artenvielfalt verdanken, sind bereits ausgetrocknet oder dauerhaft geschädigt. Diesem schleichenden Prozess müssen wir allein deshalb Einhalt gebieten, weil wir uns zur Erhaltung der Biodiversität verpflichtet haben.

Am Beispiel der Spree wird deutlich, dass die Ressource Wasser zu regionaler Zusammenarbeit und zu einer die Stadtgrenze überschreitenden Problemsicht geradezu zwingt. Angesichts der klimabedingt fortschreitenden Austrocknung Brandenburger Landschaften müssen wir Konzepte entwickeln, mit denen Wasser in der Landschaft gehalten werden kann. Wir müssen verhindern, dass geklärte Abwässer weiter zügig über die Flüsse in die Weltmeere abgeleitet und Felder durch tiefe Abzugsgräben unnötig entwässert werden. Und wir können die jeden Sommer wiederkehrende Blaualgenpest erst dann stoppen, wenn wir Überdüngung und Erwärmung der Gewässer aus zahlreichen Quellen beenden - in der Landwirtschaft, an den Ableitungen der Klärwerke, am Kühlungsbedarf der zudem das Klima schädigenden Kohlekraftwerke, durch Versickerung und durch Nutzung von anfallendem Regenwasser.

Welche Kraft regionale Kooperation entfalten kann, lehrt der streckenweise erfolgreiche Widerstand gegen das Projekt Deutsche Einheit 17 zum Wasserstraßenausbau. Jüngstes Beispiel dafür ist der dadurch erzwungene Rückzug der Wasserstraßenbauer am Sacrow-Paretzer Kanal. Glückwunsch an alle hier engagierten Akteure! Es gibt also genügend Gründe, um mehr zivilgesellschaftliches Engagement und Debatten zu Gegenwart und Zukunft der Ressource "Wasser" in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg die Veranstaltungsreihe "Stadtgespräche Berlin".

In ihrem Rahmen werden interaktive Diskussionsforen angeboten, an denen sich jede/r Interessierte aus der Region beteiligen kann. Nach einführenden Referaten und gezielten Problem-Eingaben sind alle Teilnehmer/-innen aufgefordert, in kleinen Gesprächsrunden ihre Überlegungen und Vorschläge einzubringen und gemeinsam weiter zu entwickeln. Wir wollen versuchen, mit diesem basisnahen und ergebnisoffenen Verfahren des "World Cafés" bürgerschaftliche Debatten zum Thema "Wasser" zu beleben. Im Sommer ist ein erstes Diskussionsforum geplant. Gute Ideen und mehr zivilgesellschaftliches Engagement sollen zu einer guten Gewässerqualität - ob im Parsteiner See oder im Müggelsee - führen. Das geht uns alle an, die hier zwischen Elbe und Oder, an Spree oder Havel leben.

Hartwig Berger, Ökowerk
Stefan Richter, GRÜNE LIGA


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Quelle:
DER RABE RALF - 21. Jahrgang, Nr. 154, Februar/März 2010, S. 9
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47, Fax: 030/44 33 91-33
E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de

Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: 10 Euro/halbes Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. März 2010