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POLITIK/381: Weltwasserwoche in Stockholm - Grenzenlose Wasser-Kooperation im Focus (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2009
Themen & AGs

Weltwasserwoche in Stockholm
Grenzenlose Wasser-Kooperation im Focus

Von Michael Bender


Die Stockholmer Welt-Wasserwoche 2009 thematisierte das Wassermanagement im Kontext des globalen Wandels mit besonderem Augenmerk auf die grenzüberschreitenden Gewässer. Der Stockholmer Wasserpreis würdigt mit Dr. Bindeshwar Pathak erstmals einen Aktivisten der sanitären Grundversorgung.

Bei der Betrachtung des globalen Wandels stehen die klimatischen Veränderungen, und die Notwendigkeit, ihnen Umfang zu begrenzen im Zentrum des Interesses, aber immer mehr auch die Klimafolgen-Anpassung, bei der die Wasserbewirtschaftung eine entscheidende Rolle spielt. Daneben gibt es aber weitere globale Herausforderungen. Die Bevölkerung nimmt in vielen Weltregionen zu und verringert das pro Kopf verfügbare Wasserdargebot. Gleichzeitig lebt ein immer größerer Anteil der Weltbevölkerung in Städten oder den angrenzenden Slums. Auch wirtschaftliches Wachstum führt zu teils dramatischen Entwicklungen. Bei grenzüberschreitenden Gewässern besteht die Gefahr von Konen, aber auch die Möglichkeit der Kooperation.

Rechtlicher Rahmen für die grenzüberschreitende Gewässerkooperation

Die entsprechende UN-Konvention haben bislang nur 16 Staaten, darunter Deutschland, unterzeichnet. Der WWF hat daher eine Kampagne gestartet, die für Unterstützung wirbt und darauf abzielt, die Konvention bis zum Jahre 2011 in Kraft zu setzen. Basis der Zusammenarbeit außerhalb Europas sind vorrangig bilaterale Vereinbarungen zwischen Staaten und internationale Flussgebietskommissionen.

Wesentlich weiter gediehen ist hingegen die Wasserkonvention der UNECE (Economic Commission on Europe) unter in deren Rahmen die Kooperation europäischer Staaten zum Hochwasserschutz seit Jahren läuft (vgl. www.unece.org/env/water). Die Konvention wurde am 17. März 1992 unterzeichnet und trat bereits am 6. Oktober 1996 in Kraft. Mittlerweile gibt es 35 teilnehmende Länder, bei weiteren Ländern läuft ein Beitrittsprozess. Ein Zusatzprotokoll zu Wasser und Gesundheit trat 2005 in Kraft. Die Empfehlungen über die Bewertung von Ökosystem-Dienstleistungen wurden von allen teilnehmenden Partnern angenommen. Die UNECE beabsichtigt ihre Konvention für Länder außerhalb Europas zu öffnen.

Eine harte Nuss gibt es für die ECE in Zentralasien zu knacken. Obwohl mit Usbekistan und Kasachstan bereits 2 Länder die UN ECE-Konvention unterzeichnet haben, verschwindet der Aral-See sukzessive von der Landkarte. Die noch vorhandenen Reste umfassen gerade 10% des einstigen Wasservolumens! Ein ähnliches Schicksal könnte auch dem Balkhasch-See beschieden sein. Wenngleich der strenge Winter 2007/2008 und der darauf folgende trockene Sommer die Entwicklung dramatisch beschleunigten, haben wir es hier keineswegs mit der Folge klimatischer Veränderungen zu tun, sondern mit der massiven Übernutzung der Ressourcen für die Energiegewinnung und die Landwirtschaft. Noch haben sich die beteiligten Staaten nicht auf gemeinsame Ziele der Gewässerbewirtschaftung verständigen können. Die gtz versucht, im Rahmen des im April 2008 vom Auswärtigen Amt angestoßenen Berliner Wasser Prozesses, Unterstützung für ein verbessertes Wassermanagement zu geben, eine verlässliche Datenbasis zu schaffen und ein Expertennetzwerk zu etablieren. Außerdem sollen an der Deutsch-Kasachischen Universität in Alma-Ata Wasserexperten aus allen beteiligten Staaten ausgebildet werden.

Auf EU-Ebene unterliegt die grenzüberschreitende Kooperation dem wesentlich stringenteren Reglement der Wasserrahmenrichtlinie (vgl.: www.wrrl-info.de), die auch von einer Reihe angrenzender Nicht-EU-Staaten als Handlungsrahmen anerkannt wird, sowie der Hochwasserrisikorichtlinie mit deren Umsetzung jetzt begonnen wird. Bei der grenzüberschreitenden Umsetzung dieser EU-Richtlinien bestimmen Internationale Flussgebietskommissionen das Bild. Über die Arbeit der Umweltverbände in der Elbekommission IKSE und in der Rheinkommission IKSR gibt die Webseite www.verbaende-inkommissionen.de nähere Informationen.

Fazit: Während in der EU und in Europa der rechtliche Rahmen weitgehend funktioniert, fehlen auf internationaler Ebene verbindliche völkerrechtliche Vorgaben für grenzüberschreitende (Binnen-)Gewässer.


Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung

Mit einer Reihe von Missverständnissen will Catarina de Albuquerque die UN-Sonderbeauftragte für ein Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung aufräumen. Das Anerkennen des Menschenrechts verpte ein Land, Schritte zur Umsetzung zu unternehmen, aber nicht dazu, die Versorgung sofort zu garantieren. Es begründe auch keine Verptung, den Zugang kostenlos zu ermöglichen. Allerdings müssen die Staaten absichern, dass niemand aus Armutsgründen vom Zugang zu Wasser und Sanitärversorgung ausgeschlossen wird. Das Menschenrecht auf Wasser umfasst den Bereich des unmittelbaren persönlichen Bedarfs, nicht den Bereich der Landwirtschaft.


Ökologisch verträgliche sanitäre Versorgung

Während bei der Trinkwasserversorgung erhebliche Fortschritte zu verzeichnen sind, bleibt die Entwicklung bei der Fäkalbehandlung und Abwasserentsorgung weit hinter dem zurück, was für die Erreichung der Millenniumsziele erforderlich wäre. Dem trägt die Verleihung des Stockholmer Wasserpreises an den langjährigen indischen Aktivisten Dr. Bindeshwar Pathak Rechnung, der mit dem 'Sulabh Sanitation and Social Reform Movement' eine soziale Bürgerbewegung mit umfassendem Ansatz gründete. Dr. Pathak setzt sich seit Jahrzehnten für die Gleichberechtigung der sogenannten Unberührbaren ein, die traditionell die Aufgabe der Fäkalentsorgung per Hand übernehmen müssen. Die von ihm entwickelten Komposttoiletten werden heute in mehr als einer Million Haushalten und öffentlichen Einrichtungen genutzt. Die Sustainable Sanitation Alliance (SuSanA), der derzeit 105 Organisationen angehören, arbeitet in 12 Arbeitsgruppen an einer Reihe von Steckbriefen, die verschiedene Aspekte vom Grundwasserschutz bis zu Gender Mainstreaming und Partizipation behandeln und Bestandteil eines beständig wachsenden Informationspools sind. Besonderen Wert legt SuSanA auf die Wiederverwendung der in Fäkalien und Urin enthaltenen Ressourcen Wasser und Energie sowie der Nährstoffe. (vgl. www.susana.org). Das Forum Umwelt und Entwicklung legte anlässlich der Stockholmer Wasserwoche 2009 das Positionspapier zur ökologisch verträglichen sanitären Grundversorgung neu auf: www.forumue.de.

Der Autor ist Mitarbeiter der Grünen Liga und Koordinator der AG Wasser des Forums Umwelt und Entwicklung.


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V. Diese Publikation wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) offiziell gefördert. Der Inhalt gibt nicht unbedingt die Meinung des BMZ wieder.

Der Rundbrief des Forums Umwelt & Entwicklung, erscheint vierteljährlich, zu beziehen gegen eine Spende für das Forum.


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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2009, S. 30-31
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2009