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POLITIK/392: Bundesländer nahmen Warnungen zum Hochwasserschutz nicht ernst (NaturFreunde)


NaturFreunde Deutschlands - 9. August 2010

Pressemitteilung des Bundesvorsitzenden der NaturFreunde Deutschlands Michael Müller vom 9. August 2010:

Bundesländer nahmen Warnungen zum Hochwasserschutz nicht ernst


Berlin, 9. August 2010 - Warum haben sich viele Bundesländer nach dem "Jahrhunderthochwasser" im Jahr 2002 einem echten vorbeugenden Hochwasserschutzgesetz verweigert, fragt der Bundesvorsitzende der NaturFreunde Deutschlands Michael Müller, der damals in der zuständigen Arbeitsgruppe die Verhandlungen zwischen Bundestag und Bundesrat leitete. Einer der damaligen Bremser, der heutige sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich, verspricht nun den vom Hochwasser betroffenen Menschen jede mögliche Hilfe.

Von einem Jahrhunderthochwasser sprach man im Jahr 2002 bei den schweren Überflutungen in Bayern, Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Hamburg. Auch die NaturFreunde waren damals betroffen: So wurde beispielsweise das Naturfreundehaus im sächsischen Königsstein überschwemmt und musste grundlegend renoviert werden.

Für die Beseitigung der Schäden stellte die damalige Bundesregierung über acht Milliarden Euro bereit, die durch die Verschiebung der Steuerreform finanziert wurden. Ein zusätzlicher Fünf-Punkte-Plan sollte künftige Hochwasser besser vorbeugen. Ein wichtiges Element war hier das geplante neue Hochwasserschutzgesetz. Es basierte auf wissenschaftlichen Prognosen häufigerer und stärkerer Hochwasser. Denn tatsächlich müssen künftig in immer kürzeren Abständen vergleichbare Extremereignisse befürchtet werden, nicht zuletzt durch den weiter voranschreitenden Klimawandel.

Doch die damaligen Reaktionen der Bundesländer auf die Vorschläge des Bundes waren ernüchtern: Sie wurden abgeschwächt und - wo möglich - verhindert. Vor allem Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Rheinland-Pfalz wollten keinen besseren Hochwasserschutz. Brandenburg und Hamburg vermittelten, ohne aber die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Viele Umweltminister der Länder hatten trotz der großzügigen Hilfen des Bundes Angst vor den finanziellen und planerischen Folgen von Schutzmaßnahmen, die von einem 200-jährigen Hochwasser ausgehen sollten.

Als ich damals in der zuständigen Arbeitsgruppe die wochenlangen Verhandlungen zwischen Bundestag und Bundesrat leitete, habe ich das kurzsichtige Verhalten der Landespolitiker hautnah erleiden müssen. Nur mit starken inhaltlichen Abstrichen wurde das neue Hochwasserschutzgesetz im Bundesrat beschlossen. Denn gegen alle Warnungen wollten viele Bundesländer nur eine Verbesserung im Status quo, einen echten vorbeugenden Hochwasserschutz aber nicht. Diese Landespolitiker sind verantwortlich dafür, dass nicht das getan wurde, was hätte getan werden können. Die wenigen Verbesserungen reichten nicht.

Auch zu den Bremsern gehörte der damalige Minister Stanislav Tillich. Heute ist er sächsischer Ministerpräsident und verspricht den vom Hochwasser betroffenen Menschen jede mögliche Hilfe der Staatsregierung.


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Quelle:
Presseinformation vom 09.08.2010
Herausgeber: NaturFreunde Deutschlands
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. August 2010