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RECHT/059: Eingeschränktes Menschenrecht auf Wasser beim Biomasseanbau (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1098, vom 07. Dez. 2016 - 36. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Eingeschränktes Menschenrecht auf Wasser beim Biomasseanbau


Der Ak Wasser im BBU ist in zwei Normungsausschüssen des Deutschen Instituts für Normung (DIN) engagiert, in denen über Nachhaltigkeitsstandards für energetisch und stofflich genutzte Biomasse verhandelt wird. Dabei geht es zum einen um die ISO-Norm 13065 für die energetische Nutzung ("Sustainability criteria for bioenergy") (s. RUNDBR. 1064/3, 967/1-3). Zum anderen geht es um die Europäische Norm EN 16751 "Bio-based products - Sustainability criteria". In beiden Normentwürfen war uns aufgefallen, dass das Menschenrecht auf Wasser beim Biomasseanbau nur ungenügend berücksichtigt wurde: In der ISO 13065 sind die Biomasseproduzenten und -weiterverarbeiter nur in "wasserarmen Ländern" dazu angehalten, darüber zu berichten, wie viel Wasser den Tagelöhnern auf den Plantagen, den Anwohnern und den Indigenen zur Verfügung gestellt wird. Und in der EN 16751 wird diese Berichtserstattungsempfehlung auf "wasserarme Regionen" beschränkt. Die Lücke beim Menschenrecht auf Wasser in den beiden Normen ist uns allerdings erst so richtig aufgefallen, als es schon zu spät war - nämlich erst im finalen Normentwurf ("FDIS"), in dem nur noch Kommafehler und ähnliches korrigiert werden können. Wir haben uns deshalb dafür eingesetzt, dass die ISO 13065 vorfristig revidiert wird. Turnusmäßig steht die erste Revision der ISO-Norm nämlich erst in fünf Jahren an. Dieser Vorschlag war im zuständigen DIN-Ausschuss allerdings nicht durchsetzbar. Auf einer web-Konferenz der AusschussmitarbeiterInnen stand am 16.11.16 die Befürchtung im Raum, dass ein Aufschnüren der internationalen Norm nur dazu führen könnte, dass sie insgesamt verschlimmbessert würde. Die Norm geht nämlich maßgeblichen Staaten schon viel zu weit. Beispielsweise wird den Normungsexperten aus China, den USA, Australien, Brasilien und Kanada nachgesagt, dass sie die ISO 13065 am liebsten ungeschehen machen würden. Deshalb sollten wir am Besten nicht mehr an der Norm rühren - denn: Schlimmer geht immer! Dem haben wir uns gebeugt, weil die ISO 13065 gegenüber der EN 16751 tatsächlich ungleich mehr Nachhaltigkeitskriterien enthält. Bei der Berücksichtigung von Umwelt- und Menschenrechtsaspekten bei Biomasseanbau und Weiterverarbeitung setzt die ISO 13065 Maßstäbe - wenn man eben das Menschenrecht auf Wasser außer Acht lässt. Bei der EN 16751 laufen auf unseren Antrag derzeit noch die Verhandlungen, ob durch eine nachträgliche Änderung ("Amendment") die Beschränkung des Wasser-Menschenrechts auf wasserarme Regionen aufgehoben werden kann. Die Chancen stehen aber auch hier schlecht. Wer mehr über unsere Mitarbeit in den DIN-Normausschüssen zur energetischen und stofflichen Biomassenutzung wissen will, kann sich gerne an uns wenden.

Was der Plantagenbaron über "Wasser" berichten sollte.

Die ISO 13065 enthält u.a. eine Auflistung von Empfehlungen für die wasserbezogene Berichterstattung an die sich die Produzenten und Weiterverarbeiter von energetisch nutzbarer Biomasse nach Möglichkeit halten sollten - also eine Checkliste für die sogenannten "Wirtschaftsteilnehmer". Der ISO-Standard formuliert zunächst "Grundsätze" - also die generelle Marschrichtung. Dann folgen "Kriterien" zur Operationalisierung der Grundsätze. Und schließlich werden als dritte Ebene "Indikatoren" genannt, mit denen man die (Nicht-)Umsetzung der Kriterien messen kann. Der Entwurf der deutschen Übersetzung der ISO 13065 zeichnet sich durch eine grottenschlechte Qualität aus. Damit deutlich wird, was überhaupt gemeint ist, haben wir an einigen Stellen in eckiger Klammer die deutschen Fachbegriffe eingefügt. Im ersten Kasten sind zunächst die Empfehlungen für die Berichterstattung über qualitative und quantitative Aspekte der Wassernutzung auf einer Plantage oder einer Biomasserweiterverarbeitungsstätte aufgelistet. Im zweiten Kasten geht es um die Wassernutzungsrechte. Diese sind ärgerlicherweise auf die etwa 30 wasserärmsten Staaten der Erde beschränkt. Dort wird in der Regel gar keine Biomasse für den Export angebaut.

5.2.2 Wasser
Grundsatz: Erhalt und Schutz von Wasserressourcen.
5.2.2.1 Wassermenge und -qualität
Kriterium: Der Wirtschaftsteilnehmer liefert Informationen darüber, wie Wassermenge und -qualität von Wasserentnahme und -freisetzung [Abwassereinleitung] berücksichtigt werden. (...)
5.2.2.1.1 Indikator: Beschreibung der angewendeten Verfahren zur Ermittlung möglicher Auswirkungen auf die Wassermenge, einschließlich der Berücksichtigung der Erschöpfung der Wasservorräte und anderer wichtiger chemischer, physikalischer und/oder biologischer Parameter. Beschreibung der angewendeten Verfahren zur Ermittlung möglicher Auswirkungen auf die Wasserqualität, einschließlich der Berücksichtigung der Eutrophierung und Sauerstoffzehrung sowie anderer wichtiger chemischer, physikalischer und/oder biologischer Parameter. Die Auswirkungen auf die Wassermenge und -qualität müssen in Bezug auf Wasserquellen und aufnehmende Einrichtungen [gemeint sind die "Vorfluter"] berücksichtigt werden.
5.2.2.1.2 Indikator: Auflistung der Auswirkungen auf die Wasserentnahme an Wasserquellen, die unter Anwendung der Verfahren in 5.2.2.1.1 ermittelt wurden.
5.2.2.1.3 Indikator: Auflistung der Auswirkungen auf die Wasserfreisetzung an aufnehmende Einrichtungen [gemeint ist die Einleitung von Abwässern in "Vorfluter" bzw. ins Grundwasser], die unter Anwendung der Verfahren in 5.2.2.1.1 ermittelt wurden.
5.2.2.1.4 Indikator: Beschreibung von eingeleiteten Maßnahmen zum Umgang der unter 5.2.2.1.2 und 5.2.2.1.3 aufgeführten Auswirkungen.
5.2.2.1.5 Indikator: Angabe der Absolut- oder Nettowerte von Schlüsselparametern oder Metriken [gemeint sich Messgrößen wie beispielsweise Kubikmeter pro Tag], die verwendet werden, um die Wirkung des Umgangs mit den in 5.2.2.1.2 und 5.2.2.1.3 ermittelten Auswirkungen zu messen. (...)

5.3.4 Wassernutzungsrechte
Grundsatz: Achtung der Wassernutzungsrechte.
5.3.4.1 Wasserverfügbarkeit in wasserarmen [sic!] Ländern
Kriterium: Der Wirtschaftsteilnehmer in wasserarmen Ländern liefert Informationen dazu, wie die Verfügbarkeit von Wasser für den menschlichen Gebrauch und die Lebensmittelproduktion berücksichtigt wird.
5.3.4.1.1 Indikator: Beschreibung der angewendeten Verfahren zur Ermittlung möglicher Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Wasser innerhalb der betroffenen lokalen Strukturen, einschließlich der Auswirkung auf die Wassermenge und -qualität für den menschlichen Gebrauch und die Lebensmittelproduktion.
5.3.4.1.2 Indikator: Beschreibung des Prozesses zur Bestimmung der betroffenen lokalen Strukturen.
5.3.4.1.3 Indikator: Auflistung der unter Anwendung der Verfahren in 5.3.4.1.1 ermittelten möglichen Auswirkungen.
5.3.4.1.4 Indikator: Beschreibung des Prozesses für eine Beratung und die Erlangung freier, vorheriger und informierter Einverständniserklärung von örtlichen Stakeholdern in Bezug auf Wasserverfügbarkeit.
5.3.4.1.5 Indikator: Beschreibung von eingeleiteten Maßnahmen zum Umgang mit den unter 5.3.4.1.3 aufgeführten möglichen Auswirkungen, einschließlich der Grundsätze, Verfahrensweisen und Praktiken.

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1098
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU),
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Tel.: 0761 / 27 56 93, 456 871 53
E-Mail: nik[at]akwasser.de
Internet: www.akwasser.de, www.regioWASSER.de
 
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2017

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