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SCHADSTOFFE/029: Salz aus Gasspeichern in 1.400 Meter Tiefe sollen in Ems und Rhein (BBU AK Wasser)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 898 vom 4. August 2008 27. Jahrgang

Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Millionen Tonnen von Salz sollen in die Ems ...


Unterirdische Erdgasspeicher sind für die großen Gaskonzerne ein Riesengeschäft: Im Sommer wird preisgünstig eingekauftes Erdgas in die Kavernen eingelagert - und im Winter dann deutlich teurer verkauft. Außerdem kann man mit den gigantischen Gasspeichern Lieferunterbrechungen durch die »unberechenbaren Russen« in gewissem Umfang abpuffern. Deshalb wollen WINGAS und der regionale Energieversorger EWE in Jemgum (Kreis Leer) 33 wolkenkratzerhohe Kavernen in einem mächtigen Salzstock ausspülen. Das ausgelaugte Salz aus den Gasspeichern in 1.400 Meter Tiefe soll in die Ems eingeleitet werden: Voraussichtlich 30 Mio. Tonnen! Die Infrastruktur zur Auslaugung der Kavernen und zum späteren Einpressen des Erdgases soll im EU-Vogelschutzgebiet Rheiderland errichtet werden. Dort befindet sich der größte Gänserastplatz Niedersachsens. Der NABU hat deshalb Klage gegen das Vorhaben beim Verwaltungsgericht Oldenburg eingelegt. Der NABU kritisiert nicht nur die partielle Zerstörung des Vogelschutzgebietes. Der Naturschutzbund geht auch davon aus, dass die Beeinträchtigung im Rheiderland durch die Neuanlage von Naturschutzgebieten in der Region gar nicht ausgleichbar sein wird. In der Genehmigung für die fünf Quadratkilometer (!) fressende Baustelle heißt es hierzu: "Aufgrund des bestehenden Flächendrucks im Rheiderland ist die Beschaffung größerer Flächenkontingente für Zwecke des allgemeinen Vertragsnaturschutzes zur Zeit kaum möglich." Die WINGAS beteuert, dass es durch die Einleitung der salzigen Spüllauge zu keiner Beeinträchtigung der Lebensgemeinschaften der Ems kommen wird. Ein konzentrationsbezogener Grenzwert würde selbstverständlich eingehalten. Wie der WESERKURIER am 24.07.08 meldete, wollen WINGAS und EWE zusammen insgesamt eine Milliarde Euro in das Projekt stecken. WINGAS mit Sitz in Kassel ist ein Gemeinschaftsunternehmen des deutschen Marktriesen WINTERSHALL (einer BASF-Tochter) und der russischen GAZPROM. Da die EWE aus Oldenburg am selben Ort Erdgaskavernenspeicher plante, hatten sich die beiden Energieversorger nach dem Projektantrag 2006 entschieden, zusammenzuarbeiten. Die Baustelleneinrichtung sowie die Bohrungen sollen noch 2009 gestartet werden. Der NABU befürchtet, dass sich die Auslaugung der Kavernen bis 2024 hinziehen wird.


... und auch in den Rhein

Auch die Gaz de France (GdF) will ihre Erdgasbevorratungskapazitäten erhöhen - durch die Auslaugung von Kavernen in einem Salzstock im Oberelsass. Die vier Kavernen mit einem Speichervolumen von jeweils 500.000 Kubikmetern sollen in einer Tiefe von 1.200 Metern ausgelaugt werden. Die Bau-stelle soll im Bereich ehemaliger Kalibergwerke bei Enisheim eingerichtet werden. Die oberelsässischen Kalibergwerke hatten ihr in Wasser aufgelöstes Abraumsalz bis Anfang der 90er Jahre mit mehr als 100 kg Chlorid pro Sekunde in den Rhein eingeleitet - zum Ärger der niederländischen Gemüsebauern, die jahrzehntelang gegen die staatlichen Kaligruben im Elsass prozessiert hatten (s. Fußzeilen auf S. 2). Die Wasserwerke der rheinuferfiltratversorgten Mittel- und Niederrheinstädte waren ebenfalls nicht erfreut: Die schwankenden Chloridkonzentrationen im Rhein führten zu hohen Korrosionsschäden in den Rohrnetzen: "Salz im Rhein - Rost im Rohr." Nachdem die Kaliförderung im Oberelsass unwirtschaftlich geworden war, wurde die letzte Kaligrube als Opfer der Globalisierung in den 90er Jahren geschlossen - und zu einer unterirdischen Sondermülldeponie umfunktioniert. Nach einem wochenlang schwelenden Brand von angeblich "absolut unbrennbarem" Sondermüll wurde das Kalibergwerk ganz geschlossen - siehe: http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/giftmuelldeponie-stocamine-brennt.html

Gaz de France verweist darauf, dass die Auslaugung der Kavernen den Rhein nur mit maximal 20 kg Chlorid pro Sekunde (kg/s) beaufschlagen wird. Demgegenüber sei den Kalibergwerken zum Schluss noch eine Chloridfracht von 75 kg/s zugebilligt worden. [Eine französischsprachige Präsentation der GdF zu diesem Projekt mit 37 Folien können sich AbonnentInnen des WASSER-RUNDBR. via nik@akwasser.de als pdf-Datei (1,9 MB) mailen lassen.]


Der Jahrzehnte dauernde Konflikt über die Salzbelastung des Rheins durch die oberelsässischen Kaligruben kann in unserem gigantischen Pressespiegel nachverfolgt werden. Bezug gegen VOREINZAHLUNG von 20 Euro (V-Scheck, bar) an den Ak Wasser, Rennerstr. 10, 79106 Freiburg.


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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 898/2008
Herausgeber:
Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband
Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)
Rennerstr. 10, D-79106 Freiburg
Tel.: 0761/275693; 45687153
E-Mail: nik@akwasser.de
Internet: http://www.akwasser.de

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wieder! Die Weiterverwendung der Informationen in diesem RUNDBRIEF
ist bei Quellenangabe (!) erwünscht!
© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. März 2009