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MÄRCHENKOCH - TEIG/003: Nudelsalat mit Bockwurstscheiben (SB)


DAS NIXENKRAUT


An einer einsamen, felsigen Küste lebte einst ein Fischer mit seiner Frau. Beide waren sie dort lange Jahre glücklich gewesen und hatten das graue Meer geliebt, doch nachdem sich die wilde See ihr einziges Kind geholt hatte, waren sie dem tosenden Wasser bitter gram und hielten sich von ihm fern. Nur zum Fischen fuhr der Fischer noch hinaus oder er ging, wenn es gestürmt hatte, hinunter zum Strand und sammelte Treibholz, das die aufgewühlte See an Land geschwemmt hatte.

Auch an diesem Morgen ging der Fischer wieder am Strand entlang und hatte schon eine große Kiepe voll Treibholz gesammelt, als er plötzlich stehenblieb und aufhorchte. Ganz leise war zwischen den Schreien der Möwen das Weinen eines Kindes zu hören. Verwundert ging er dem Weinen nach und bald darauf fand er, eingehüllt in ein Geflecht aus Muscheln und Algen, ein winzig kleines Mädchen mit meergrünen Augen und korallenrotem Haar, das die wilden Wogen an Land gespült hatten.

Der Fischer wickelte das Kind sorgsam in das wollene Tuch, das er um die Schultern trug und sprach: "Sei nur still, ich werde dich zu meiner lieben Frau bringen. Du wirst uns ein Trost sein und sollst es immer gut haben." Da schaute das Mädchen ihn mit seinen meergrünen Augen dankbar an und ihm war für einen kurzen Augenblick zumute, als würde er von seinem Boot aus in die grünschillernde Tiefe des Meeres blicken.

So kam es, daß das Findelkind in der kleinen Fischerkate heranwuchs. Und weil es am Strand bei den Möwen gefunden worden war, hatten ihre neuen Eltern es Senöwe genannt. Die Mutter verwöhnte das Mädchen gern und machte ihm jede Woche ihr Leibgericht. Dann stand sie in der Küche und knetete den festen Nudelteig, aus dem sie unzählige kleine Nudelzöpfe formte. Die wurden gekocht und in einer großen Schüssel mit frischem Gemüse aus dem Garten und würzigen Bockwurststückchen vermischt. Senöwe half ihr oft dabei, was sie fast genauso schön fand wie das Essen selbst.

Wenn die Pflegeeltern ihrem Findelkind auch beinah jeden Wunsch erfüllten, so blieben sie doch unerbittlich, wenn Senöwe sie bat, ans Meer hinuntergehen zu dürfen. "Das Meer ist heimtückisch", sagten sie immer wieder zu ihr. "Es packt dich und verschlingt dich und wir sehen dich niemals wieder."

Da begann Senöwe sich vor dem Meer zu fürchten und wagte sich nicht mehr in seine Nähe. Eines Tages geschah es aber, daß die Pflegeeltern beide von einer bösartigen Krankheit heimgesucht wurden.

"Was kann ich bloß tun, um euch zu helfen?" fragte Senöwe verzweifelt die Mutter, deren Gesicht schon ganz schmal und bleich geworden war.

"Da gibt es keine Hilfe, mein Kind", strich die Mutter ihr über die Hand, "denn nur das Nixenkraut bringt Heilung von dieser Krankheit. Es wächst tief unten auf dem Meeresboden und man müßte schon eine Nixe sein, um es von dort heraufzuholen."

Als Senöwe sah, daß sie sonst gar nichts tun konnte, beschloß sie, für die geliebten Pflegeeltern das Kraut vom Meeresboden zu holen, und sollte es auch ihr Leben kosten. Sie nahm allen Mut zusammen und ging hinunter ans Meer, das dunkelgrau und undurchdringlich vor ihr lag. Nun wird es mich gleich verschlingen, dachte Senöwe angstvoll, aber dann kamen ihr wieder die kranken Eltern in den Sinn, denen sie so gern helfen wollte, und sie betrat tapfer den schmalen Holzsteg, der weit in das Wasser hinausragte.

Als sie auf dem Steg entlang ging, sah sie zwischen den Holzplanken hindurch das schwarze Wasser schimmern, und es kostete sie all ihren Mut, nicht wieder umzukehren. Als sie das Ende des Steges erreicht hatte, streifte sie die Kleider ab, holte noch einmal tief Atem und sprang dann todesmutig in das finstere, kalte Meer hinein. Sie tauchte tiefer und tiefer und wußte bald nicht mehr, wo oben und wo unten war. So ist es also, wenn man stirbt, dachte sie, als es auf einmal um sie herum wieder hell wurde.

Sie befand sich auf dem Meeresboden, der mit silbernem Sand bedeckt war. Seltsame Blumen und Kräuter wuchsen dort, die Senöwe noch niemals gesehen hatte. Sie berührte eines davon mit dem Fingern und es schlang sich sogleich fest um ihre Hand. "Das muß das Nixenkraut sein", sagte sie sich. Behutsam zog Senöwe es aus dem Sand heraus und wickelte es sich wie einen Gürtel um den Leib. Voller Staunen schaute sie sich um. Obwohl sie nie zuvor an einem solchen Ort gewesen war, kam ihr alles doch irgendwie vertraut vor. Aber ihr blieb keine Zeit, diesem Gefühl nachzugehen, weil sie sich beeilen mußte, um die Pflegeeltern zu retten. Also stieß sie sich vom Meeresgrund ab und schwamm wieder in die Dunkelheit hinein, die sie für den Tod gehalten hatte. Kurz darauf tauchte sie wieder neben dem Holzsteg aus den Fluten auf, zog sich an den Planken empor, legte rasch die Kleider an und lief mit dem Nixenkraut in der Hand zur Kate zurück.

Dort bereitete sie den beiden Kranken aus dem Kraut einen Tee, und nachdem sie ihn getrunken hatten, ging es ihnen gleich wieder besser. Senöwe erzählte, daß sie auf dem Grund des Meeres gewesen war und dort das Nixenkraut gefunden hatte. Daraufhin sagte ihr Vater: "Manchmal, wenn ich in deine Augen gesehen habe, habe ich gedacht, daß du vielleicht ein Nixenkind bist. Aber nun weiß ich es gewiß. Denn für ein Menschenkind hätte das, was du getan hast, den sicheren Tod bedeutet."

"Vielleicht wirst du dich nun nach deiner Heimat zurücksehnen und uns bald verlassen", sagte die Mutter traurig.

"Ich werde euch niemals verlassen", widersprach Senöwe ihr entrüstet. "Es gibt keinen Ort, an dem ich ohne euch leben möchte." Und so verbrachten sie gemeinsam noch viele schöne Jahre, bis die Pflegeeltern schließlich hochbetagt starben. Da erst kehrte Senöwe in das Nixenreich zurück, wo sie für den Rest ihres Lebens eine neue Heimat fand.


*


NUDELSALAT MIT BOCKWURSTSCHEIBEN

500 g Zopfnudeln
2 Bockwürste (ca. 200 g)
1 kleine Dose Champignons
1 große Dose Erbsen und Möhren
2 hartgekochte Eier
4 EL Creme fraiche
2 EL Kräuter-Frischkäse
Salz
Pfeffer


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Die Nudeln bißfest kochen und abkühlen lassen. Die Bockwürste in Scheiben schneiden.

Die Champignons auf ein Sieb geben und abtropfen lassen, ebenso die Erbsen und Möhren.

Die Eier pellen und in Scheiben schneiden.

Creme fraiche und Frischkäse mit dem Handmixer verquirlen. Mit Pfeffer und Salz abschmecken, ggf. mit etwas Milch glattrühren.

Alle Zutaten sorgfältig vermischen und den Nudelsalat bei Zimmertemperatur am besten noch eine Stunde durchziehen lassen.


Erstveröffentlichung am 04.04.1998

3. August 2007