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BERICHT/070: Tourismusboom am Ende der Welt (Uni-Journal Jena)


Uni-Journal Jena - Nr. 01 - Sommersemester 2008

Tourismusboom am Ende der Welt
Studierende erleben die Auswirkungen des Klimawandels in der Antarktis


An den Jahresbeginn 2008 werden sich Anne Braunschweig und Eric Thomas wohl noch lange erinnern. Denn die Studenten der Jenaer Uni begrüßten das neue Jahr inmitten von Eisbergen. Tausende Kilometer fern der Heimat, auf dem Expeditionsschiff "NordNorge". Die Beiden waren auf dem Weg in die Antarktis: Anne und Eric hatten jeweils einen der 14 Plätze der internationalen Studentenexpedition ergattert, die der Polarornithologe Dr. Hans-Ulrich Peter im Rahmen des Internationalen Polarjahres organisiert hat.

"Bereits an Bord bekamen wir einen Eindruck von der einzigartigen antarktischen Natur", erinnert sich Geographie-Student Eric. Kolonien von Pinguinen bevölkerten die vorbeiziehenden Inseln. Finnwale, Buckelwale und Orcas zeigten sich auf dem offenen Meer.

Hinter ihnen lagen rund 14.000 Kilometer, als Anne und Eric Anfang Januar in der russischen Forschungsstation Bellingshausen für knapp vier Wochen Quartier bezogen. Hier auf der Fildes-Halbinsel auf King George Island arbeiten Dr. Peter und sein Team vom Institut für Ökologie seit 25 Jahren regelmäßig.

"Ziel unserer Expedition war es, die Auswirkungen der globalen Klimaveränderungen auf die antarktische Flora und Fauna zu untersuchen", erklärt Anne. Jeden Morgen brach die 24-Jährige gemeinsam mit den anderen Studierenden aus Deutschland, Argentinien, Russland und Luxemburg zu einem kilometerlangen Fußmarsch auf, um die Bestände von Zügel- und Adeliepinguinen zu zählen oder die Verbreitung antarktischer Blütenpflanzen zu kartieren. Dabei waren die Tagesmärsche alles andere als Spaziergänge: Eisiger Wind fegte über die Landschaft, blies Schnee und Eis schmerzhaft in ihre Gesichter und ließ die Temperaturen um den Gefrierpunkt deutlich kälter erscheinen.

Die gesammelten Daten bestätigen die langjährigen Beobachtungen der Jenaer Polarökologen. "Die Pinguinbestände gehen dramatisch zurück", so Anne Braunschweig. Hauptursache sei der Klimawandel. Doch auch der direkte menschliche Einfluss spielt eine immer größere Rolle. "Die Forschungsstationen werden immer größer", berichtet Eric Thomas. Längst seien diese nicht mehr nur von Wissenschaftlern bewohnt. Mittlerweile gibt es einen regelrechten 'Tourismusboom' in der Antarktis", so der 23-Jährige.


Hochbetrieb auf der Landebahn

Den konnten die Studierenden selbst beobachten. "Gerade in den Sommermonaten - der Brutzeit von Pinguinen und anderen antarktischen Vögeln - herrscht auf der Landebahn nahe der Stationen Hochbetrieb", sagt Eric Thomas. Die Folge: Riesensturmvögel und Pinguine verlassen ihre angestammten Brutplätze und müssen in ruhigere Gegenden ausweichen. Dennoch sei der Tourismus nicht grundsätzlich schlecht. Die Touristenschiffe bringen Verpflegung zu den Stationen. Außerdem würden die Touristen für die Umweltprobleme in der Antarktis sensibilisiert.

Rückblickend sieht Eric die Wochen in der Antarktis als "einzigartige persönliche Erfahrung". Gerne möchte er dorthin zurückkehren. Auch Anne Braunschweig würde "sofort wieder den Rucksack packen", um in der Antarktis zu forschen. Kurz nach ihrer Rückkehr hat sie ihr Biologie-Studium abgeschlossen. Am Thema "global warming" will sie auch künftig weiter arbeiten. (US)


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Quelle:
Uni-Journal Jena Nr. 01, Sommersemester 2008, S. 36
Herausgeber: Rektor der Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Das Uni-Journal Jena erscheint zweimal pro Semester.


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2008