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MELDUNG/010: Pilgerboom zwischen Burgos und Santiago de Compostela (Universität Trier)


Pressemitteilung der Universität Trier - 28.07.2010

"Wir sind dann auch mal weg!"

Trierer Wissenschaftler erkunden Pilgerboom zwischen Burgos und Santiago de Compostela


Spiritueller oder religiöser Tourismus hat in den letzten Jahren einen Boom erlebt. Allein 2006 wurden über 300 Millionen Reisen unternommen, in denen der Glaube das zentrale Reisemotiv darstellte. Um den Gründen und der Bedeutung des Pilgerns auf die Spur zu kommen, machen sich Forscher des Exzellenzclusters der Uni Trier für vier Wochen im Juli und August ebenfalls auf den Weg.

Pilger galten lange Zeit als Einzelgänger, die sich als individualisierte Sinnsucher auf den Weg machen, um spirituelle Erfahrungen zu sammeln. Um Gemeinschaft zu erleben, nahmen Gläubige eher an kollektiven Wallfahren teil, die lange Zeit die überwiegende Form des religiösen Tourismus ausmachten. In den letzen Jahren gab es, entgegen dem Trend der sinkenden Bedeutung der Kirchen im alltäglichen Leben, einen privat organisierten christlichen Pilgerboom, zu dem bislang kaum systematische Daten vorliegen. Die Außeralltäglichkeit des "Urlaubens" und der körperlichen Grenzerfahrung des Langstreckenwanderns können nicht die alleinigen Gründe sein, warum so viele Menschen die Strapazen einer Pilgerreise auf sich nehmen, so die Annahme der Forscher. Um diesem Phänomen nun systematisch auf die Spur zu kommen, wählten die drei Wissenschaftler des Exzellenzclusters "Gesellschaftliche Abhängigkeiten und soziale Netzwerke" für ihre Studie die berühmteste Route: den Camino Francés (Jakobsweg) nach Santiago di Compostela.

"Wir gehen davon aus, dass es vor allem die "authentischen" Begegnungen und sozialen Kontakte mit anderen Pilgern sind, die in den Pilgerreisen eine besondere Rolle spielen und nicht selten als spirituelle Erfahrung gedeutet werden", so der Projektmitarbeiter Dr. Markus Gamper. Die Erfahrung der Einheit knüpfe ein unsichtbares Band zwischen den Pilgern. Die konkrete Vernetzung während des Pilgerns und ihre (Be-)Deutung, die spirituelle Vergemeinschaftung der Pilger ist somit eine zentrale Frage der Studie.

Das Forscherteam möchte beispielsweise anhand von Zusammenkünften und Gemeinschaftsaktivitäten in Herbergen, Pilgerbüros und Rastplätzen Rückschlüsse auf die Bildung von sozialen Netzwerken ziehen, also der Frage nachgehen, wie die Pilger zu einer Gemeinschaft werden. Die Frage wie touristische und religiöse Angebote vor Ort (Gottesdienste, Souvenirs, Pilgerzertifikate usw.) akzeptiert und genutzt werden, soll Aufschluss über Religiosität, aber auch über die (nachhaltigen) spirituellen Erfahrungen der Pilgernden geben. Von Interesse wird auch die Frage sein, wie Pilgergruppen durch Symbole, Selbstdeutung, Performance sich selbst darstellen und voneinander abgrenzen. 2000 Fragebögen in fünf Sprachen und Experteninterviews vor Ort sollen die nötigen Daten liefern. Wer bereits in der Vergangenheit selbst gepilgert ist und diese Erfahrungen mitteilen möchte, kann einen Onlinefragebogen ausfüllen und damit zum Gelingen der Studie beitragen. Den Onlinefragebogen und den Blog mit Bildern und Erfahrungsbereichten der Wissenschaftler findet man unter www.pilgern.eu.


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Quelle:
Pressemitteilung 140/2010 vom 28.07.2010
Herausgeber: Universität Trier
Stabsstelle Präsident - Pressestelle
Leitung: Peter Kuntz
Telefon: (06 51) 2 01-42 38
Telefax: (06 51) 2 01-42 47
E-Mail: kuntzp@uni-trier.de
Internet: www.pressestelle.uni-trier.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2010