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TOURTIP/981: Am Anfang war das Feuer - Museen und Archäologieparks (extratour - DJH)


Deutsches Jugendherbergswerk - extratour Nr. 4, Juli/August 2011

Am Anfang war das Feuer

Von der Steinzeit bis ins frühe Mittelalter: Museen und Archäologieparks


Faustkeil, Höhlenmalerei und Feuerstein: Freilichtmuseen, Archäologieparks und Ausstellungen an ehemaligen Grabungsstätten laden überall im Land zu einer Reise in die Menschheitsgeschichte ein. Interaktive Programme lassen die Steinzeit lebendig werden, führen uns die Handwerkstechniken der Bronzezeit vor Augen und zeigen, dass der Alltag im frühen Mittelalter alles andere als ein Kinderspiel war. Die Teilnehmer begeben sich auf Spurensuche in die Welt unserer Vorfahren, sie schmieden, töpfern und erlernen den Umgang mit dem Feuerstein und begeben sich so auf Spurensuche in der Welt unserer Vorfahren.


Wie erlegten Eiszeitbewohner vor 50.000 Jahren ein Mammut? Was hat es mit den Grabhügeln der Eisenzeit auf sich und wie haben die Kelten gefeiert? Im Archäologiepark Altmühltal werden diese und viele andere Fragen beantwortet. Zwischen Kelheim und Dietfurt erwartet kleine und große Entdecker eine spannende Zeitreise. Die Route durch den größten Archäologiepark Europas versetzt die Besucher an 18 Stationen in die Vergangenheit. Sie erkunden Wohnhöhlen des Neandertalers, bestaunen Gräber der Bronze- und Eisenzeit und können in Nachbauten keltischer Festungsanlagen das Leben vor vielen tausend Jahren hautnah erleben. An jeder Station sind Hörpunkte mit spannenden Episoden aus der jeweiligen Zeit zu finden. Per Knopfdruck tauchen die Entdecker ein in eine faszinierende Welt: Der zeitgenössische Schriftsteller E.W. Heine erzählt in kleinen Geschichten, was einst war oder was an dieser Stelle passiert sein könnte. Ein abwechslungsreiches Jahresprogramm sorgt zudem dafür, dass im Altmühltal Archäologie im wahrsten Sinne des Wortes erlebbar wird. Bei Aktionstagen und Workshops packen die Besucher kräftig mit an, zum Beispiel wenn es um das Färben mit Pflanzen, das Schmieden einer Bronzefibel oder den Bronzeguss am Lehmofen geht. Bei geführten Wanderungen lernen die Teilnehmer die Kräuter unserer Vorfahren kennen, sie steigen hinab in die Klusenhöhle oder erlernen die Kunst des Feuermachens. Und natürlich wird im Altmühltal auch gefeiert - zum Beispiel das keltische Erntedankfest Lugnasadh.

Die rund 40 Kilometer lange, gut ausgeschilderte Route durch den Archäologiepark ist übrigens am besten zu Fuß oder mit dem Rad zu erkunden. So können Besucher sicher sein, dass ihnen keine frühsteinzeitliche Fundstelle und kein Nachbau entgeht. Warum also nicht die Exkursion mit einer lustigen Radtour verbinden? Bei solch spannenden Zielen treten auch weniger Aktive auf den letzten Kilometern gerne noch mal in die Pedale. Ein weiteres Plus: Der Archäologiepark im bayerischen Altmühltal ist jederzeit kostenlos zu entdecken.


Radausflug in die Steinzeit

Die Reise beginnt in Kelheim am Stadttor des keltischen Oppidums Alkimoennis. Der beeindruckende Nachbau führte einst in die größte Keltensiedlung Deutschlands. Rund 10.000 Menschen lebten hier geschützt von einer zehn Kilometer langen Mauer. Im Umkreis ihrer Stadt errichteten sie meterhohe Hügelgräber und Kultstätten für rituelle Handlungen. Weiter geht die Fahrt nach Essingen, wo eine keltische Schmiede und die Rekonstruktion von Eisenschmelzöfen der damaligen Zeit zu bestaunen sind. Weitere Stationen am Wegesrand sind die bronzezeitlichen Grabhügel und die beeindruckenden Klausenhöhlen, die den Jägern und Sammlern der Altsteinzeit einst Schutz boten. Bei Prunn erwartet die Besucher die Rekonstruktion eines 2.500 Jahre alten Weberhauses. In Riedenburg gibt ein Opferaltar aus der Bronzezeit den Wissenschaftlern Rätsel auf: Bislang ist nicht geklärt, ob auf der Plattform die Toten verbrannt oder die Steinbauten für andere Praktiken im Rahmen des Bestattungsrituals dienten. Auch an der Schleuse von Haidhof geht es um den Totenkult: Die Visualisierung eines hallstattzeitlichen Grabhügels zeigt, dass um 600 v. Chr. in einem Grabhügel durchaus mehrere Verstorbene nacheinander beigesetzt wurden. Vielleicht eine frühe Form des Familiengrabes? Die Vermutung liegt nahe. In Oberhofen wird derweil das Leben in der Eisenzeit lebendig: Die Besucher können ein Gehöft der Eisenzeit mit Graben und Palisaden erkunden, bevor sie zum Ende ihrer Reise bei Dietfurt das Erlebnisdorf Alcoma, den Nachbau einer Siedlung aus dem 3. und 2. Jahrtausend vor Christus, erreichen. Diese und andere Rekonstruktionen des Parks basieren auf Ausgrabungen, die während des Baus am Main-Donau-Kanal in den Jahren 1976 bis 1991 zutage traten. Die zum Teil bedeutenden Funde der Ausgrabungen sind heute im Archäologischen Museum in Kelheim, im Hofmarkmuseum Schloss Eggersberg und im Hollerhaus-Museum in Dietfurt zu sehen.


Dem Himmel so nah

Einer der bedeutendsten archäologischen Funde des vergangenen Jahrhunderts ist die Himmelsscheibe von Nebra. Vor über 3.600 Jahren geschmiedet, ist sie die weltweit älteste konkrete Darstellung des Kosmos. Die bronzene Himmelsscheibe mit Goldauflagen zeigt ein Schiff, Sonne, Mond und 32 Sterne. Wissenschaftler vermuten, dass ihr Erbauer auf der Scheibe den Code für einen kombinierten Sonnen- und Mondkalender aufbrachte. An ihrem Fundort in Sachsen-Anhalt wurde 2007 mit der Arche Nebra ein neuartiges Besucherzentrum eröffnet, das wissenschaftliche Informationen mit lebendigen Inszenierungen von Archäologie und Astronomie verbindet. Im 3-D-Flug reisen Besucher aus der Sicht eines Staubkorns über die Himmelsscheibe, während virtuelle Figuren durch die Vitrinen schweben und den Gästen mit jeder Menge Witz und Charme Wissenswertes über Ausstellungsstücke und Himmelsphänomene erzählen. Herzstück der Arche ist ein digitales Planetarium. Hier wird in einer Show unter der Planetariumskuppel das astronomische Wissen der Bronzezeit greifbar. Zum umfangreichen Aktivprogramm der Arche gehören neben Führungen auch Mitmachaktionen und Workshops. Unter dem Titel "Schippen, Scherbe, Schätze" beispielsweise gehen in diesem Sommer Nachwuchsarchäologen mit Kelle, Eimer und Dokumentationsmappe auf Übungsgrabung. Etwa 3,5 Kilometer vom Besucherzentrum entfernt liegt der eigentliche Fundort der Himmelsscheibe. Ein Abstecher auf das Mittelbergplateau lohnt sich schon wegen des "Himmelsauges", einer Scheibe aus poliertem Edelstahl, die das Firmament spiegelt. In unmittelbarer Nähe können Schwindelfreie den 30 Meter hohen Aussichtsturm besteigen. Mit einer Neigung um 10 Grad ist er gleichzeitig der Zeiger einer überdimensionalen Sonnenuhr.


Vom Leben in der Bronzezeit

3.000 Jahre zurück in die Bronzezeit reisen auch die Besucher des Archäologischen Zentrums Hitzacker. Ende der 1960er-Jahre wurden bei Erdarbeiten im Uferbereich der Jeetzel die Spuren einer jahrtausendealten Siedlung gefunden. Die Archäologen stießen in den folgenden Jahrzehnten auf beachtliche Funde, und so wurde 1990 Deutschlands erstes Freilichtmuseum der Bronzezeit gegründet. Heute können Interessierte die Rekonstruktion von drei bronzezeitlichen Langhäusern, ein Gruben- und ein Totenhaus sowie ein Flechtwerklabyrinth zur Sternenbeobachtung erkunden. Der Naturlehrpfad, ein Feldbauareal und der Kräuterhort vermitteln einen anschaulichen Eindruck von Umwelt und Pflanzenwelt der damaligen Zeit. Wer möchte, kann auch selbst aktiv werden: Die Teilnehmer interaktiver Programme lernen, wie man Feuer aus einem Stein schlägt, sie mahlen Getreide, brennen Keramiktöpfe und erfahren worauf man achten muss, wenn man mit einem Einbaum auf dem Wasser unterwegs ist.


Handwerkstechniken im frühen Mittelalter

Auf Spurensuche im frühen Mittelalter begeben sich Besucher im Freilichtmuseum Groß Raden in Mecklenburg. Wenige Kilometer nördlich von Sternberg wurde nach archäologischen Funden eine historische slawische Siedlung aus dem 9. und 10. Jahrhundert rekonstruiert. Bei einer Erkundungstour über die Halbinsel tauchen die Teilnehmer ein in den Lebensalltag der Wenden, wie die slawischen Bewohner Mecklenburgs einst genannt wurden. Zu den Ausstellungsstücken zählen Lanzenspitzen, Äxte, Sicheln, Messer, Perlen, Kämme und Münzen, die man lange Zeit den Wikingern und nicht den Wenden zugeschrieben hatte. Historische Gebäude, Werkzeuge, Brücken und Brennöfen lassen ein Bild vom Leben im frühen Mittelalter entstehen. Zum Dorf gehören Blockhäuser und Flechtwandhäuser, eine Schmiede und ein Malhaus. Von zentraler Bedeutung für das Leben im Dorf war ein Tempel. Etwas abseits des täglichen Geschehens liegt die Fluchtburg. Hierher zogen sich die Bewohner zurück, um sich gegen Angreifer zu verteidigen. Dem Freilichtmuseum gegenüber steht das Museum zur Kultur und Geschichte der nordwestslawischen Stämme vom 7. bis 12. Jahrhundert. Die Dauerausstellung zeigt viele der vor Ort gefundenen Gegenstände und hält jede Menge Wissenswertes für Interessierte bereit. Und auch hier gibt es tolle Mitmachangebote. Kleine und große Besucher sammeln Erfahrungen mit mittelalterlichen Handwerkstechniken wie Töpfern oder Filzen. Wenn die Zeitreisenden sich dann abschließend in Wettkämpfen und bei historischen Spielen messen, kann im Slawendorf ordentlich gelacht werden.


Spuren der Steinzeit am Federsee

Und wenn das Wetter mal nicht so mitspielt? Dann bietet sich ein Besuch in einem überdachten Museum an, denn auch dort werden tolle Programme zum Mitmachen angeboten. Im Federseemuseum in Bad Buchau ist beides möglich. Bei Regen gibt es im Innenraum eine spannende Ausstellung mit Originalfunden aus der Region, und bei schönem Wetter ermöglicht das Freigelände mit Nachbauten prähistorischer Hütten einen Einblick in 3.500 Jahre alte örtliche Pfahlbaugeschichte. Immerhin haben seit der Steinzeit Menschen an den Ufern des Federsees gesiedelt, dort gelebt, gearbeitet, gejagt und ihre Spuren hinterlassen. Wie das Leben der Menschen dort tatsächlich ausgesehen hat, können die Besucher im Rahmen der vielfältigen Programme selbst ausprobieren, die das Museumsteam bis Oktober anbietet. In der Kinderwerkstatt werden Miniaturbögen gebastelt, Gefäße getöpfert oder Schmuck aus Muscheln hergestellt. Familien und Gruppen können sogar eine Nacht in der Steinzeit beziehungsweise in einem der nachgebauten Häuser verbringen, mit Werkzeugen aus Feuerstein arbeiten und am offenen Feuer kochen. Authentischer geht es kaum.


Leben wie die Neandertaler

Auch das Neanderthal-Museum in Mettmann liefert lebendige Eindrücke vom Dasein unserer Vorfahren beziehungsweise eines ganz bestimmten, des Neandertalers nämlich. Dieser wurde so nach dem Fundort des ersten Skelettes, dem Neandertal, benannt. In den Workshops der Steinzeitwerkstatt können die Besucher selbst aktiv werden und mit Materialien wie Knochen, Sehnen oder Leder und den entsprechenden Werkzeugen ihre Geschicklichkeit unter Beweis stellen. Wann hat man sonst schon einmal die Gelegenheit, mit einer Knochennadel zu nähen oder mit Feuersteinklingen zu schneiden? Auch das Feuermachen oder das Schießen mit Pfeil und Bogen will gelernt sein. Sonderausstellungen zu verschiedenen Themen, die mitunter über die Steinzeit hinausreichen, ergänzen das Angebot. Bis zum 25. September dreht sich zum Beispiel alles um die Zeit. Und dabei geht es nicht nur um philosophische Fragen des Zeiterlebens oder Zeiterfassens. Hier kann ebenfalls selbst ausprobiert und angefasst werden. Wie lange bleibt man zum Beispiel bei einem Sprung in der Luft? Wie gut ist die eigene Reaktionszeit? Das Neanderthal-Museum zeigt, wie man sich dem Phänomen auch spielerisch nähern kann.


Nachts im Museum

Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, nachts durch ein Museum zu geistern? Das Museum für Naturkunde in Berlin bietet ab dem kommenden Herbst wieder mit den Taschenlampenführungen diese Möglichkeit. Familien können dann an den Wochenenden nach offiziellem Ende der Öffnungszeit die dunklen Museumsräume erforschen. Und zu entdecken gibt es einiges, denn das Museum hat im Laufe seiner 200-jährigen Geschichte einige "Schätze" zusammengetragen. Dazu gehört zum Beispiel der sogenannte Berliner Urvogel Archaeopteryx, eines der berühmtesten Fossilien der Welt. Im Schein der mitgebrachten Taschenlampen wird dabei das eine oder andere Ausstellungsstück regelrecht "zum Leben erweckt". Jedenfalls bieten sich viele ungewohnte Ansichten. Aber auch tagsüber wird es nicht langweilig. An den Kindersonntagen etwa verwandeln sich die kleinen Besucher unter fachkundiger Betreuung in Nachwuchsforscher. Da werden zum Beispiel Fossilien aus Gips hergestellt oder Mineralien bearbeitet.


Die Vergangenheit spüren

Eine Reise durch verschiedene Erdzeitalter verspricht Gondwana - das Praehistorium in Landsweiler-Reden. Die Besucher erwarten begehbare, naturgetreu nachgebaute Landschaften, wie es sie seit der Zeit der Dinos nicht mehr gibt. Die optischen Eindrücke werden dabei durch Gerüche und Geräusche ergänzt, sodass der Sparziergang durch die verschiedenen Erdzeitalter zu einem Erlebnis wird. Das ist aber noch nicht alles. Eine Reihe von Veranstaltungen laden auch zum Mitmachen ein. Kinder können sich zum Beispiel auf eine Expedition zur nahe gelegenen Halde begeben, um dort Fossilien zu suchen oder bei schlechtem Wetter diese selbst herzustellen.


Informationen zu Jugendherbergen

JH Ihrlerstein-Kelheim
Tel. 09441 3309
E-Mail: jhkelheim(at)djh-bayern.de

JH Eichstätt
Tel. 08421 980410
E-Mail: jheichstaett(at)djh-bayern.de
www.archaeologiepark-altmuehltal.de

JH Nebra
Tel. 034461 25454
E-Mail: Jh-nebra(at)djh-sachsen-anhalt.de
www.himmelsscheibe-erleben.de

JH Hitzacker
Tel. 05862 244
E-Mail: jh-hitzacker(at)djh-hannover.de
www.archaeo-zentrum.de

JH Güstrow
Tel. 03843 840044
E-Mail: jh-guestrow(at)jugendherberge.de
www.gross-raden.de

JH Biberach
Tel. 07351 21885
E-Mail: info(at)jugendherberge-biberach.de
www.federseemuseum.de

JH Velbert
Tel. 02051 84317
E-Mail: info(at)djh-velbert.de

JH Ratingen
Tel. 02102 2040-0
E-Mail: ratingen(at)jugendherberge.de
www.neanderthal.de

Die drei JH in Berlin (International, Am Wannsee und Ernst Reuter) sowie die JH Potsdam können Sie unter Tel. 030 26495-0, E-Mail: service(at)jugendherberge.de anfragen und buchen.
www.naturkundemuseum-berlin.de

JH Homburg
Tel. 06841 3679
E-Mail: homburg(at)diejugendherbergen.de
www.gondwana-praehistorium.de


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Quelle:
extratour Nr. 4, Juli/August 2011, S. 16-18
Die Zeitschrift für Mitglieder im Deutschen Jugendherbergswerk
Herausgeber: Deutsches Jugendherbergswerk DJH
Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V.
Leonardo-da-Vinci-Weg 1, 32760 Detmold
Tel.: 05231/99 36-0, Fax: 05231/99 36-66
Internet: www.jugendherberge.de

Erscheinungsweise: zweimonatlich
Der Bezugspreis der Zeitung ist im
DJH-Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. August 2011