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BERICHT/001: Wer den Pfennig nicht ehrt, ist den Titel nicht wert (Daniel Hopkins)


Wer den Pfennig nicht ehrt, ist den Titel nicht wert

35. Weltmeisterschaft im Tischeishockey findet im norwegischen Voss statt

von Daniel Hopkins, 22. August 2013



Man nehme ein Biertablett, fräst zwei acht Zentimeter breite Tore in die Bande, nimmt ein paar Pfennigmünzen und Legosteine und legt los: mit Tischeishockey! Für das außergewöhnliche Freizeitspiel kommen am 26. August dieses Jahres wieder über 100 Spieler aus ganz Europa zusammen, um sich bei der 35. Weltmeisterschaft im norwegischen Voss mit ihrem Können zu messen.

Aufnahme von oben auf zwei Spieler am Tischeishockey-Spielbrett - Foto: © Privat

Foto: © Privat

Die Idee für das außergewöhnliche Spiel, das Jahr für Jahr mehr Menschen in seinem Bann zieht, kam dem Journalisten Peter Linden bereits vor weit über 30 Jahren. Als Teenager ärgerte sich Linden darüber, dass "beim Geldstück-Schnippen die Münzen immer wieder von der Schulbank rutschten", wie er sagt. Mehr Spielspaß war ihm und seinen Freunde garantiert, wenn sie ein rundes Spielbrett mit Banden nutzen. Ein Pilstablett hat dafür genau die passenden Maße.

Was allerdings einst als Optimierung des Geldstück-Schnippens galt, hat sich bis heute zu einem weitaus spannenderen Wettkampfspiel entwickelt, das weltweit über 10.000 aktive Spieler zählt. Schon sehr bald entstand ein Regelwerk, nachdem heute auf etlichen offiziellen Turnieren in der ganzen Welt um die Bestplatzierung gekämpft wird. Jeder Spieler erhält fünf farbig markierte Fünf-Pfennig-Stücke. Diese müssen mit dem Puck (eine Ein-Pfennig- Münze), und mithilfe eines Schlägers (einem Legostein), ins gegnerische Tor geschnippt werden. Das hört sich simpler an als es tatsächlich ist. Eine Reihe von Sonderregeln sorgt dafür, dass das Münzen-Geschnippe zu einer strategischen Überlegung mit Fingerspitzengefühl wird. Die Spieldauer beträgt zweimal zehn Minuten, ein Schiedsrichter stoppt die Zeit zwischendurch, sollte ein Spieler zu lange für seine strategischen Überlegungen für den nächsten Zug brauchen.

So manche Position der Münzen kann auch versierte Spieler zur Verzweiflung treiben. "Da hilft nichts. Da ist volle Konzentration gefragt, um mit einem strategischen Zug den Gegner in Bedrängnis zu bringen", weiß der amtierende Weltmeister René Schweimler. Der Hannoveraner setze sich im vergangenen Jahr in einer Zitterpartie gegen den Dritten der Weltrangliste, Mario Zrinski aus Österreich, durch. Eine Partie, bei der jeder einzelne der über 100 Zuschauer, mitfieberte und zweifelsohne beiden den Sieg gönnte.

Der Internationale Tischeishockey Club von Peter Linden und seinen Mitstreitern hat mittlerweile 34 Weltmeisterschaften - von Deutschland über Österreich, Schweiz, Frankreich, Schweden, Italien, Irland, Griechenland und vielen weiteren Ländern - ausgetragen. "Und es ist jedes Mal wie ein großes Fest", freut sich der Journalist. Dies gelte nicht nur für die Finalrunden, die vor großem Publikum unter teils frenetischem Beifall, organisiert werden, sondern auch für das Rahmenprogramm des mehrtägigen Events. Denn die Weltmeisterschaften werden gleichzeitig mit einem typischen Freizeitprogramm der jeweiligen Region des Austragungsortes kombiniert. Toskanisches Weinfässerrollen, Schottische Highland-Games oder finnischer Gummistiefelweitwurf haben ebenso ihren Platz im Programm wie Fußballspiele der WM-Teilnehmer gegen einen ortsansässigen Verein.

Das Konzept des Spiels selbst hat sogar die Aufmerksamkeit der Industrie auf sich gezogen. Ein Spielehersteller hat vor einigen Jahren einen sechsstelligen Betrag geboten, um das Patent fürs Tischeishockey zu erwerben. Doch Peter Linden sagt: "Der Idealismus und der Spaß, den ich und die anderen Spieler mit dem Tischeishockey haben, lässt sich mit Geld nicht aufwiegen." Der Idealismus aller Beteiligten spiegelt sich unter anderem auch bei der Anreise der Turnierteilnehmer an. Der Umweltschutzgedanke wird dabei hoch gehängt, die Tischeishockeyspieler reisen zum Teil gemeinsam mit der Fähre an, verzichten auf Flugreisen.

Und diesen Spaß werden die Turnierspieler auch dieses Jahr im norwegischen Austragungsort Voss haben, sind die Organisatoren überzeugt. So können die Teilnehmer in der spielfreien Zeit in einem Windkanal fliegen, ein Rafting- Angebot wahrnehmen, Wandern und "selbstverständlich auch wieder Fußball spielen", freut sich Linden.

Dass sich nicht nur die Teilnehmer mit dem Event identifizieren, wird auch beim Engagement des diesjährigen Austragungsortes deutlich. Die Region Hordaland sponsert das Turnier und ist werblich auf den Banden der offiziellen Tischeishockey-Spielbretter vertreten. Eine Gelegenheit, die sich die bereits feststehenden Austragungsorte für 2014 in Voralberg gesichert haben. Dann zieren die Werbebanner der Orte Damüls und Faschina die Außenbanden der Tischeishockey-Spielflächen.

Weiter Informationen:
www.mfsc.de

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Quelle:
© 2013 by Daniel Hopkins
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2013