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SCHLUCKAUF/0005: Der lachende Demograph - Nachtisch & Satire (SB)


Der lachende Demograph


Daß alte Menschen wie die 79-jähriger Würzburgerin Bettina Sch. sich mit oder ohne fremde Hilfe umbringen, weil sie der Einweisung in ein Altersheim entgehen wollen, ist fraglos ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft. "Ins Altersheim zu kommen, ist wie lebendig begraben zu werden", heißt es immer wieder, wenn Senioren nach ihrer Meinung über ihre Zukunftsaussichten befragt werden.

Dabei seien unsere Altersheime im Ländervergleich gar nicht mal so schlecht, was Untersuchungen belegen, meint Dr. med. Gickel, Professor für Geriatrie in Heidelberg. Kern des Problems wäre nicht die Art der Unterbringung, sondern die depressive Verstimmung, unter der viele Alte heutzutage litten. Antriebslosigkeit, Hoffnungslosigkeitsgefühle, unmotivierte Ängste und eine ins Negative verzerrte Umgebungswahrnehmung machten Senioren mehr zu schaffen, als bisher angenommen. Doch in diesem Punkt, so der Professor, könnte es bald Abhilfe geben.

Unter seiner Leitung habe ein Team von Pflegekräften, Pharmakologen und Heimausstattern ein Konzept entwickelt, das Senioren einen lachenden Lebensabend ermöglichen soll. Eine entsprechende Senioren-Unterbringung befindet sich in Heidelberg bereits in der Erprobungsphase. Die Kombination aus speziellen stimmungsaufhellenden Medikamenten, freundlich und pflegeleicht gestaltenen Räumlichkeiten und speziell für den Umgang mit "lachenden Greisen" geschulten Pflegekräften scheint sich direkt zum Erfolgskonzept zu entwickeln.

"Meine Mutter hat noch nie in ihrem Leben so viel gelacht", so die Tochter einer in der Institution untergebrachten Seniorin. "In der Umgebung ist nichts von düsterer Heimatmosphäre oder gar Siechtum zu spüren. Alle sind immer gut aufgelegt, albern herum wie die Teenager. Nicht einmal die wundgelegenen Stellen, über die meine Mutter früher häufig klagte, können ihr jetzt noch die gute Laune verderben. Wenn ich sie darauf anspreche, lacht sie nur, bis ich irgendwann mitlachen muß. Seit meine Mutter hier untergebracht ist, besuche ich sie wieder richtig gern. Und meinen Kindern geht es ebenso. Um dermaßen heiter die letzten Jahre verleben zu können, ist das Einverständnis zur Entmündigung als Aufnahmebedingung für Prof. Dr. Gickels Seniorenprogramm ein wirklich geringer Preis."

8. Juli 2008