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SCHLUCKAUF/0006: Unsportliche Bemerk(el)ung - Nachtisch & Satire (SB)


Unsportliche Bemerk(el)ung


Daß Angela Merkel nicht zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele am 8. August nach Peking reisen will, hat sie bereits im Frühjahr dieses Jahres mitgeteilt. Auch, daß nicht die Unruhen in Tibet Grund für ihr Fernbleiben sind. In punkto Zusammenarbeit mit der Presse war soweit alles Routine. Als jedoch Anfang diesen Monats das unabhängige Wochenblatt "Potsdamer Arbeiterfreund" den eigentlichen Grund für Merkels Absage zu kennen glaubte, schritt unverzüglich die Rechtsabteilung des Kanzleramts ein.

Das Blatt hatte einen als Schulaufsatz der Kanzlerin bezeichneten Text veröffentlicht, der bei der damaligen DDR-Schulleitung für Empörung und in Merkels Heft für die Note "mangelhaft" gesorgt haben sollte. In diesem Aufsatz bezeichnet die Verfasserin die Olympischen Spiele als "Verherrlichung der Vergnügungen einer antiken Sklavenhaltergesellschaft und ihrer menschenverachtenden Werte", die dazu beitrügen, daß "solidarisch empfindende Menschen zum Konkurrenzkampf aufgestachelt" und "mit dem Versprechen auf soziale Anerkennung dazu gebracht" würden, sich "zur Publikumsbelustigung den widernatürlichsten Überbeanspruchungen auszusetzen."

In der nächsten Ausgabe des "Arbeiterfreund" wurde im Rahmen einer Gegendarstellung, die Merkel als Verfasserin besagten Aufsatzes ausschloß, ein aktuelles Zitat der Kanzlerin veröffentlicht, in dem sie die altehrwürdige Tradition der Olympischen Spiele pries, insbesondere deren wettbewerbsfördernde und zu Grenzüberschreitungen motivierende Impulse, ohne die unsere Weltgemeinschaft niemals das geworden wäre, was sie heute ist. Überraschdenderweise stimmte die Redaktion des "Arbeiterfreund" Merkels Schlußfolgerung vorbehaltlos zu.

11. Juli 2008